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Datenschutz Darf der Zahnarzt fragen, ob man Sozialhilfe bezieht?

Müssen Patientinnen und Patienten beim Zahnarzt offenlegen, ob sie Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe beziehen?

Seit dreissig Jahren geht ein Mann aus dem Kanton Luzern in der gleichen Praxis zur Zahnreinigung. Beim letzten Termin bittet ihn die Praxisassistentin, ein Formular auszufüllen. Es gehe um den Datenschutz, erklärt sie.

«Beziehen Sie Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe?»

Der Patient setzt sich hin und beginnt, Fragen zu seinem Gesundheitszustand, zu Vorerkrankungen und Allergien zu beantworten. Bei einem Abschnitt traut er seinen Augen nicht. Dort soll er ankreuzen, ob er Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe beziehe. «Diese Fragen haben keinen Bezug zur Dienstleistung, die ich dort bekomme», ärgert sich der Patient. Deshalb habe er sich geweigert, sie zu beantworten. Vom Konsumentenmagazin «Espresso» möchte er nun wissen: «Darf man mich so etwas überhaupt fragen?»

Sozialhilfe übernimmt Kosten für Zahnreinigung

Wer welche Daten sammeln und bearbeiten darf, ist im Gesetz über den Datenschutz geregelt. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit dürfen Daten nur gesammelt werden, wenn dies notwendig ist. Darüber hinaus muss eine Patientin oder ein Patient über den Grund einer Datenerhebung informiert werden.

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Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten .

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Ein solcher Grund ist die Höhe des verrechneten Tarifs: Patientinnen und Patienten, die Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beziehen, bekommen die Kosten für die jährliche zahnärztliche Kontrolle und die Zahnreinigung von diesen Stellen erstattet. Allerdings wird ein leicht reduzierter Tarif vergütet, der sogenannten Sozialtarif.

Frage muss nachvollziehbar sein

Eine Praxis darf deshalb Patientinnen und Patienten danach fragen, ob sie Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beziehen. Allerdings muss im Formular der Hinweis stehen, dass in diesem Fall die Behandlung zum Sozialtarif verrechnet werde. Verweigert eine Patientin oder ein Patient die Beantwortung dieser Frage – was ihr gutes Recht wäre – wird sie die Kosten, die über diesem Tarif liegen, aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.

Im Beispiel des Mannes aus Luzern fehlt ein solcher Hinweis. Er hat sich deshalb zu Recht geweigert, die Fragen zu beantworten. Konsequenzen hat es für ihn keine. Er ist ohnehin Selbstzahler.

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Espresso, 13.06.24, 08:10

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