Geisterfahrer sind für Automobilisten ein Horror, weil man weder damit rechnet noch etwas dagegen tun kann. Deshalb zählt im Ernstfall jede Sekunde: Vom Moment bis die Meldung bei der kantonalen Notrufzentrale via 117 reinkommt, bis sie im Radio über den Sender geht, vergeht bis zu einer Minute.
Wertvolle Sekunden, in denen die Polizei überprüfen muss: Wo ist der Geisterfahrer genau, und in welche Richtung fährt er? Und: Stimmt die Meldung überhaupt?
Sofort werden Überwachungskameras aufgeschaltet und per Knopfdruck können schon mal Spuren und Tunnels gesperrt werden. Gleichzeitig werden alle Polizeipatrouillen der Region vor Ort geschickt – um Autobahneinfahrten zu sperren und wenn möglich den Verkehr anzuhalten, der mit dem Geisterfahrer auf Kollisionskurs fährt.
Blaulicht und Lautsprecher
Und natürlich versucht die Polizei auch, die irrgeleitete Person zu stoppen: Sofern dafür genügend Einsatzfahrzeuge vor Ort sind, fährt die Polizei auf der korrekten Fahrbahn parallel zum Geisterfahrer und macht Zeichen, erklärt Bernhard Graser von der Kantonspolizei Aargau. «Wir versuchen, die Person mit Lautsprechern und Blaulicht zu stoppen, bevor es zum Unfall kommt.»
Was man zum Phänomen Geisterfahren weiss: In der Nacht passierts mehr als am Tag und auf allen Autobahnen ungefähr gleich viel. Unfälle sind zum Glück relativ selten: Auf 10 Meldungen passiert ein Unfall. Rein statistisch gesehen heisst das: In der Schweiz gibt es 14 Unfälle pro Jahr wegen Geisterfahrern, mit sieben Schwerverletzten und zwei Toten.
Wer wird zum Geisterfahrer?
Gianantonio Scaramuzza von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) hat die Ursachen erforscht: «In vielen Fällen sind Substanzen im Spiel, Alkohol oder Drogen. Aber auch das Alter ist ein Faktor: Je älter eine Person, desto eher wird man zum Geisterfahrer.»
Am meisten perplex gemacht hat mich die Erklärung eines Geisterfahrers, er habe mitten auf der Autobahn gewendet, weil er an der Raststätte den Regenschirm vergessen hatte.
Laut BFU beginnen Geisterfahrten nicht nur mit dem Einbiegen auf die Autobahn über die falsche Spur. Mindestens die Hälfte aller Falschfahrer wenden einfach mitten in der Fahrt und fahren zurück. Ob wegen einer vergessenen Ausfahrt oder wegen dem Navigationsgerät, ist nicht bekannt. Jene Erklärung, die Gianantonio Scaramuzza am meisten perplex gemacht hat, war, «dass jemand wendete, weil er in der Raststätte ein Regenschirm vergessen hat.»
Die Konsequenzen für Geisterfahrer sind happig. Die Polizei nimmt der Person den Fahrausweis ab und erstattet Strafanzeige wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln.