Als kürzlich die Rechnung ihrer Krankenkasse Atupri bei Madlen Z. eintrudelte, fiel ihr ein Satz auf, der sie stutzig machte: Sie könne die Rechnung auch mit Bitcoin bezahlen. «Ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll. Ist das seriös?», möchte die Atupri-Kundin wissen.
Ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll. Ist das seriös?
Nicht ohne Stolz kündigte die Krankenkasse Atupri im Sommer 2020 an, «als erster Schweizer Versicherer» Kryptowährungen zu akzeptieren. Damit nehme man als «digitale Pioniere» eine Vorreiterrolle ein. Angesichts der riesigen Kursschwankungen von Kryptowährungen könnte man meinen, die Krankenkasse gehe damit ein Risiko ein. Dem ist jedoch nicht so: Das Kursrisiko tragen die Kunden bzw. der Finanzdienstleister Bitcoin Suisse, über den die Zahlungen in Kryptowährungen abgewickelt werden. «Atupri erhält das Geld in Schweizer Franken […] und führt keine Kryptowährungen in der Bilanz», teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.
Kaum genutzt
Vorreiterrolle hin oder her: Genutzt wird die Möglichkeit kaum. «Aktuell bezahlen knapp 20 Kundinnen und Kunden die Rechnungen mit Kryptowährungen.» Im Jahr 2021 seien 96 Zahlungen in Kryptowährungen ausgelöst worden. «Die Anzahl steigt tendenziell, allerdings auf tiefem Niveau.»
Aktuell bezahlen knapp 20 Kundinnen und Kunden die Rechnungen mit Kryptowährungen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Onlinehändler Digitec Galaxus, der ebenfalls Kryptowährungen als Zahlungsmittel akzeptiert. Im Normalfall seien es «einige hundert Bestellungen pro Woche», die so bezahlt würden, schreibt das Unternehmen. «Gemessen an den täglich vielen Tausend Bestellungen ist der Anteil der Einkäufe mit Kryptowährungen also gering; er liegt klar unter einem Prozent.»
Und die SBB, an deren Billettautomaten Bitcoins gekauft werden können, schreibt auf Anfrage, die Nutzung sei sehr volatil: «Im Durchschnitt sind es rund 500 Kundinnen und Kunden, welche den Service im Monat nutzen.»
Für die meisten im Alltag unbrauchbar
Dass nicht mehr Leute Kryptowährungen nutzen, erstaunt SRF-Digital-Experte Peter Buchmann nicht. «Im Alltag sind sie für die meisten von uns unbrauchbar.» Problematisch seien etwa die stark schwankenden Gebühren: «Im Jahr 2021 bewegten sie sich zwischen rund einem Franken und etwa 70 Franken pro Transaktion.» Bei grösseren Summen könne das allenfalls Sinn machen, «aber um zum Beispiel den Kaffee im Restaurant zu bezahlen, lohnt sich das einfach nicht».
Der Bitcoin beispielsweise ist sowohl technisch als auch sozial ein sehr spannendes Experiment mit ungewissem Ausgang.
Ob sich Kryptowährungen je durchsetzen werden? Peter Buchmann wagt keine Prognose: «Der Bitcoin beispielsweise ist sowohl technisch als auch sozial ein sehr spannendes Experiment mit ungewissem Ausgang.» Ob die Währung mal noch zum Fliegen komme, könne er zwar nicht ausschliessen: «Ich sehe aber auch einfach die grossen Probleme, die dieses dezentrale Währungssystem mit sich bringt und die noch gelöst werden müssen.»