«Warum schliessen Herrenhemden von links nach rechts und Frauenblusen von rechts nach links?» Zu dieser Frage von «Espresso»-Hörerin Katy Salzborn gibt es verschiedene Erklärungen. Die Ursprünge sind im Mittelalter zu finden, als die ersten geknöpften Kleidungsstücke aufkamen.
Eine der gängigsten Erklärungen ist jene der kämpfenden Soldaten: Wie heute waren auch damals die meisten Menschen Rechtshänder. Und wenn ein Soldat im Kampf mit seiner Rechten den links eingesteckten Degen zog, sollte er sich beim Herausziehen natürlich nicht im Verschluss seiner Uniform verheddern. Also wurden die Knöpfe auf der rechten Seite angenäht, so die Überlieferung. Praktisch: Auf diese Weise habe der Soldat auch gleich seine Kampfhand in der Veste wärmen können, indem er die Finger zwischen die Knöpfe steckte, wie man es von Bildern von Napoleon kennt.
Keine Einblicke in der Kirche
Dass die Knöpfe bei den Damen auf der anderen Seite angebracht sind, soll auf die frühere Sitzordnung in Kirchen zurück gehen: Die Damen hatten links zu sitzen, die Herren rechts. Und selbstverständlich sollten sich alle auf die Worte des Pfarrers konzentrieren. Um die Herren also nicht unnötig abzulenken, war die Knopfleiste bei den Damen auf der linken Seite angebracht. Das verhinderte allfällige Einblicke von rechts.
Eine weitere Theorie besagt, dass man es den Bediensteten der reichen, adeligen Damen einfacher machen wollte. Denn auch die meisten Untergebenen waren Rechtshänder und mit der Knopfleiste auf der linken Seite war es für sie praktischer, den Damen beim Ankleiden zu helfen.
Nur wenig ist dokumentiert
So plausibel diese Theorien sind: Eindeutige Belege fehlten, sagt Andrea Krieg. Sie unterrichtet an der Schweizerischen Textilfachschule (STF) in Zürich Kulturgeschichte der Mode: «Aus der damaligen Zeit ist nur wenig dokumentiert, weil es keinen Grund gab, so etwas zu dokumentieren.»
Aus der damaligen Zeit ist nur wenig dokumentiert, weil es keinen Grund gab, so etwas zu dokumentieren.
Und gerade hinter die Theorie mit den Bediensteten müsse man sicher Fragezeichen setzen: «Mode orientierte sich damals kaum an den Bedürfnissen der Angestellten.»
Verwechslungen ausgeschlossen
Einen praktischen Nutzen hatten die unterschiedlichen Knopfleisten allemal: Es konnte keine Verwechslungen geben. «Auch das muss man im historischen Kontext sehen», sagt Andrea Krieg: «Die Formsprache von Damen- und Herrenbekleidung war damals noch sehr ähnlich.»
Die Formsprache von Damen- und Herrenbekleidung war damals noch sehr ähnlich.
Heute beschäftigt sich die Mode-Branche auch mit der Frage, auf welcher Seite die Knopfleiste sein soll. Dies aber vor allem bei geschlechtsneutraler Unisex-Kleidung. Die Tradition, dass Frauen von rechts nach links und Männer von links nach rechts zuknöpfen, weicht sich also auf.