Wer schon einmal in der unglücklichen Situation war und eine Kündigung erhalten hat, weiss: Diese Briefe kommen in aller Regel weder auf blauem Papier noch in blauen Umschlägen daher, sondern sind ganz einfach weiss, wie die meisten anderen Briefe auch. Und auch Kündigungen per E-Mail oder SMS sind für gewöhnlich nicht farbig. Trotzdem sprechen wir im Zusammenhang mit einer Kündigung vom «Blauen Brief».
Papier aus preussischen Uniformen
Der Ausdruck hat gemäss verschiedenen historischen Quellen seinen Ursprung in Preussen im 18. Jahrhundert. Demnach wurden dannzumal die wichtigsten königlichen Anordnungen in blickdichten, blauen Umschlägen verschickt. Damit sollte der Inhalt vor fremden Augen geschützt werden.
Eine Erklärung dazu lautet, dass das Papier dieser Umschläge aus Lumpen der blauen preussischen Uniformen hergestellt worden war. Papier aus Stoffresten war damals üblich. So stammt etwa auch der Begriff «Lumpensammler» aus dieser Zeit.
Im Stadtarchiv des norddeutschen Ortes Bad Bevensen findet sich ein Eintrag, demzufolge es nach einem der grossen Kriege plötzlich viel zu viele Uniformen gegeben hatte. Also führten die Fürsten auch diese der Papierherstellung zu. Jedoch sei das Papier wegen seines blauen Scheins unverkäuflich gewesen – Zeitungen und Geschäftsleute hätten es beispielsweise als nicht gut genug empfunden – und so seien die Fürsten auf diesem Papier sitzen geblieben und verwendeten es selbst. Laut der Gesellschaft für deutsche Sprache wurden auch Entlassungsschreiben für Soldaten in den blauen Umschlägen verschickt.
Kündigungsschreiben und Frühwarnung für Eltern
Und so findet sich der «Blaue Brief» noch heute in unserer Sprache. Während er in der Schweiz wie eingangs erwähnt vor allem für Kündigungsschreiben verwendet wird, steht der Begriff in Deutschland und Österreich auch noch für etwas anderes: Dort verschicken auch die Schulen «Blaue Briefe» an die Eltern, wenn die Leistungen eines Schülers oder einer Schülerin nicht stimmen und das Kind möglicherweise eine Klasse wiederholen muss.