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Essen & Trinken Test: Gemüse-Chips sind nicht gesünder als Pommes-Chips

Ein «Kassensturz»-Test räumt mit dem Mythos auf, dass Gemüse-Chips gesünder als Pommes-Chips sind. Chips aus Randen, Pastinaken und Süsskartoffeln enthalten am meisten Fett und Acrylamid. Am besten sind Tortilla-Chips.

Gemüse-Chips haben sich als schmackhafte Variante ihren Platz in den Apéro-Schalen der Schweizer ergattert. Manche Käuferinnen und Käufer denken dabei nicht nur an den Geschmack, sie haben auch im Hinterkopf, dass sie ein gesünderes Produkt auftischen als Pommes-Chips. Das zeigt eine kleine Strassenumfrage von «Kassensturz».

Kein Wunder, denn Chips aus Kartoffeln haben wegen ihres Fett- und Salzgehalts nicht den besten Ruf. Auch die unerwünschte Substanz Acrylamid, die beim Erhitzen der Kartoffeln entsteht, hat zum Bewusstsein beigetragen, dass Pommes-Chips nicht gerade zum «health food» zu zählen sind.

Tortilla-Chips top, Gemüse-Chips ein Flop

«Kassensturz» und die Konsumentenzeitschrift «Saldo» haben 21 Chips auf Fett-, Salz- und Zuckergehalt sowie auf auf Nitrat und Acrylamid analysieren lassen. Der Test macht klar, dass Gemüse-Chips mit Sicherheit kein gesunder Begleiter zum Apéritiv sind. Die Resultate lassen sich in Gruppen einteilen:

  • Tortilla-Chips, die aus Mais bestehen, schneiden am besten ab. Auch die Chips aus Quinoa und Hummus gehören zur Spitzengruppe. Sie haben tiefe Werte vor allem beim Salz-, Nitrat- und Zuckergehalt, aber auch beim Acrylamid und beim Fett.

Testtabelle

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Hier geht's zu den detaillierten Testresultaten.

  • Am schlechtesten sind Gemüse-Chips aus süssen Wurzeln. Die sechs Apéro-Produkte aus Randen, Pastinaken und Süsskartoffeln zieren mit miserablen Schulnoten zwischen 2,8 und 3,6 den Schwanz der Rangliste. Die Produkte kommen von Migros, Alnatura, Kettle, Coop, Lidl und aus dem Bio-Laden.
  • Die beiden Grünkohl-Chips schneiden deutlich besser ab die süssen Wurzeln und landen im Mittelfeld.
  • Pommes-Chips waren nicht der Fokus dieses Tests. Zum Vergleich wurden aber die Paprika-Pommes-Chips von Zweifel als Referenz mitgetestet. In einem K-Tipp-Test von 2016 hatten die Zweifel-Knusperlinge die beste Bilanz im Vergleich mit 15 anderen Pommes-Chips-Sorten. Im aktuellen Gemüse-Chips-Test zeigt sich, dass der Klassenbeste aus dem früheren Test in diesem Vergleich deutlich besser abschneidet als Chips aus Knollengemüse wir Randen und Pastinaken, aber schlechter als Tortilla-Chips (knapp «gut» mit Note 4,8).

  • Als «Sonderlinge» waren Chips aus Linsen (Note 4,5), Tomaten (Note 4,2), Tortilla-Chips aus Mais und Süsskartoffeln (4,2) und Wirsing-Chips (3,8) im Test.

Viel Zucker ergibt hohe Acrylamid-Werte

Es sind vor allem die hohen Fett-, Acrylamid- und Zuckerwerte, die zu den miserablen Noten der Gemüseknollen führen. Hohe Acrylamid-Werte sind zwar keine Überraschung. Die höchst unerwünschte Substanz bildet sich beim Erhitzen von Zucker. Der hohe Stärke-Anteil von Randen und Pastinaken führt zwangsläufig zu diesem Problem. Im Test lagen aber die Werte bei drei Produkten (Coop, Lidl, Bio-Marke De Rit) mehr als doppelt so hoch wie der erlaubte EU-Wert für Kartoffeln.

Zu den hohen Acrylamid- und Nitratwerten schreibt Coop, man sei mit den Lieferanten in Kontakt. «Hier muss eine Lösung her, wie der Gehalt gesenkt werden kann.»

Das sagen die Hersteller

Zwar birgt die Kartoffel ein ähnlich hohes Potenzial, Acrylamid zu bilden. Aber Firmen wie Zweifel haben mit vielen Massnahmen erreicht, diese Werte tief zu halten, zum Beispiel mit der Wahl der Kartoffelsorten. Beatrice Baumer, Dozentin für Lebensmittelwissenschaften ZHAW, vermutet, dass hier noch Verbesserungspotenzial liegt: «Bei Kartoffeln hat man eine gewisse Erfahrung und weiss, wie man den Zuckergehalt reduzieren kann. Bei der Verarbeitung von Gemüse zu Chips ist man noch nicht so weit.»

Feine Gemüse-Chips selber machen

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Zucker meist natürlich im Gemüse

Viele Chips-Produkte haben trotz der Umwandlung in Acrylamid immer noch viel «Restzucker». Einen hohen Zuckergehalt allerdings kann man den meisten Herstellern nicht zum Vorwurf machen, enthalten doch Randen, Pastinaken, Süsskartoffeln und Tomaten von Natur aus viel Zucker. Die Hersteller wehren sich denn auch mit diesem Argument. Coop und Dörrwerk, der Hersteller der Tomatenchips, schreiben, dass der Zuckergehalt im Endprodukt ausschliesslich vom Gemüse stammen würden.

So wurde getestet

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Das Labor Lufa-ITL im norddeutschen Kiel untersuchte für «Kassensturz» und Saldo 20 verschiedene Chips-Sorten auf folgende Kriterien:

• Acrylamid entsteht beim Erhitzen von stärkehaltigen Lebensmitteln, zum Beispiel beim Frittieren von Pommes frites. Dieser Stoff ist wahrscheinlich krebsserregend. Der EU-Richtwert für Kartoffel-Chips (750 Mikrogramm/kg) wurde für die Bewertung für alle Chips-Sorten als Massstab genommen.

• Fettgehalt.

• Salzgehalt.

• Zuckergehalt. Bewertet wurde der Zuckergehalt, unabhängig davon, ob er vom Gemüse stammt oder zugefügt wurde.

• Nitrat stammt aus dem Boden und wird vom Gemüse aufgenommen. Es kann sich in krebserregendes Nitrit umwandeln. Gemäss WHO-Empfehlung soll eine 60 Kilogramm schwere Person nicht mehr als 219 Milligramm Nitrat pro Tag aufnehmen. Überschritt ein Produkt die Hälfte dieser Menge, gab es eine ungenügende Note.

• Glutamat

• Deklaration: Stimmen die angegeben Werte von Fett, Salz und Zucker? Grobe Abweichungen wurden mit einem Abzug bestraft.

Aber nicht in jedem Fall kommt der Zucker im Ausgangsprodukt vor. Die «Royal Chips Swiss Roots» der Migros werden massiv mit Glucosesirup gezuckert, Kettle nimmt Zucker und Honig zuhilfe, «für den Geschmack», wie das Unternehmen schreibt.

Wahre Fettbomben

Ähnliches gilt für den Fettgehalt: Bei den Gemüsemischungen macht das Fett 34 bis 41 Prozent des Gewichts aus. «Beim Frittierprozess wird Wasser entzogen, dafür Fett aufgenommen, und am Schluss haben wir Produkte mit einem Fettgehalt zwischen 30 und 40 Prozent, das ist etwa so viel Fett wie man auch in Schokolade hat», sagt Dozentin Baumer. Tatsächlich: Frigor-Schokolade enthält 41 Prozent Fett, Lindt Milch Extra 31 Prozent. Auch daran müssen die Hersteller Gemüse-Chips noch arbeiten. Der Fettgehalt von Paprika-Pommes-Chips von Zweifel liegen mit 25 Gramm deutlich tiefer.

Zu beachten ist, dass Gemüse-Chips nicht in jedem Fall schlechter sein müssen als Pommes-Chips. Dieser Schluss ist zwar pauschal richtig, aber auch etwas zu kurz gegriffen: Denn die mitgetesteten Referenz-Chips von Zweifel waren immerhin das beste Produkt in einem früheren Test. Viele andere Chips in diesem Test enthalten zum Beispiel deutlich höhere Fettwerte als die Zweifel-Chips.

Alle Tests

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Alle Tests, Degustationen und Testsieger von «Kassensturz» auf «Tests» oder von A bis Z.

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