In der Stichprobe sind beliebte Schweizer Weine aus dem Detailhandel: Fünf Weisse, ein Rosé und vor allem Rotweine aus den grossen Schweizer Anbaugebieten, hergestellt mit den typischen Rebsorten Pinot Noir (Blauburgunder) oder Merlot. Beim Weisswein dominiert Chasselas. Diese Sorten gelten als pestizidintensiv. Die Weine kosten zwischen 7.50 und 22 Franken.
Bis zu neun verschiedene Pestizide
Ein renommiertes Labor untersuchte die anonymisierten Weinproben. Die Resultate lassen aufhorchen: In den Schweizer Rebbergen wird offenbar so viel gespritzt, dass Pestizide sogar im Wein noch nachweisbar sind. Das Labor fand wahre Cocktails. Für den Biochemiker Max Eichenberger ist das problematisch: «Die verschiedene Substanzen können sich gegenseitig verstärken. Diese Wechselwirkung ist sehr schlecht untersucht.»
Ganze neun verschiedene Pestizide findet das Labor im beliebten Merlot «Selezione d'Ottobre», gekauft bei Coop. Und auch im «Ticino Merlot» von Denner stecken Rückstände von sieben verschiedenen Pestiziden, wie auch im Bündner Pinot Noir «Fläsch» von Volg.
Zwei verbotene Pestizide gefunden
In zwei Rotweinen stecken Rückstände von Carbendazim. Die Verwendung dieses Fungizids ist seit 2018 verboten. Betroffen sind der Pinot «PN» von Aldi und der «Maienfelder» von Denner. Denner schreibt, im «Maienfelder» habe es auch kleine Weinmengen vom Vorjahr. Damals war das sehr toxische Pestizid noch zugelassen.
Laut Aldi sind die Spuren von Carbendazim möglicherweise auf «Altlasten» im Boden zurückzuführen. Aldi und Denner erwähnen beide eine weitere Option, wie das Carbendazim in Wein gelangt sein könnte: Aus dem ebenfalls nachgewiesenen Pestizid Thiophanate-methyl kann Carbendazim als Abbauprodukt entstehen. Thiophanate-methyl ist aktuell in der Schweiz zugelassen, in der EU seit Oktober 2020 verboten.
Bei sämtlichen analysierten Weinen liegen die nachgewiesenen Pestizide unterhalb des gesetzlichen Höchstwertes. Den langjährigen Traubenzüchter und Winzer Valentin Blattner erstaunt das nicht: «Die Gärung baut die Spritzmittel ab.» Das sei aber kein Grund zur Entwarnung: «Das grosse Problem ist nicht unbedingt im Wein. Sondern im Boden oder Wasser.»
Dass es im Rebberg allerdings auch mit weniger oder gar keinen Pestiziden geht, beweisen mehrere Tropfen aus der Romandie und ein Trio von Bioweinen. Bei diesem fand das Labor überhaupt keine chemischen Pestizide.
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