«Kassensturz» testete meistverkaufte herkömmliche Vibratoren. Darunter ein je ein Produkt aus dem Coop, der Migros, einer Apotheke, einem Erotikgeschäft und vier von Online-Händlern.
Dabei sind bekannte Marken wie Durex oder Fun Factory und der neuartige Womanizer: Er vibriert nicht, sondern funktioniert mit Druckwellen. Diese sollen schnell zum Erfolg führen, verspricht der Hersteller von Womanizer in der Werbung.
Robustheit: Einer fiel durch
«Kassensturz» führte zwei Tests durch: Beim Labor-Test müssen die Vibratoren durch die harte Materialprüfung und beweisen, dass sie ihr Geld wert sind.
Da die beste Technik nichts nützt, wenn die Sinnlichkeit auf der Strecke bleibt, bewerten fünf Frauen die Vibratoren im Praxis-Test. Die Resultate des Praxis-Tests machen 60 Prozent des Gesamtresultats aus. Das Labor fällt mit 40 Prozent etwas weniger ins Gewicht.
So wurde getestet
Beim Robustheits-Test im Labor gab B Good nach 465 Zyklen den Geist auf – 500 Belastungen hätte er durchstehen müssen.
Vibratoren sollten wasserdicht sein. Dies prüft das Labor mit einem Standard-Test. Beim Womanizer entdeckte Testexperte Wolfgang Herter vom Prüfinstitut PZT «kleine Wassertropfen».
Nach ein paar Tagen zeigte sich der Schaden. Das Gerät schaltete plötzlich von alleine ein und liess sich nicht mehr ausschalten. Die Feuchtigkeit hatte die Elektronik gestört.
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Bild 1 von 4. Der einzige ungenügende Vibrator: Dieses Exemplar entsprach den Testerinnen so gar nicht – weder im Gebrauch noch in der Optik. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Optisch stechen diese zwei Exemplare sofort ins Auge: Doch im Test reichte es nur für die Noten 4.6 und 4.7. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Sie haben den Testerinnen nicht sonderlich viel Freude bereiten können. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Nur diese zwei Vibratoren haben die Bewertung «gut» erhalten. Bildquelle: SRF.
Womanizer kann sich den Wasserschaden nicht erklären. Womanizer schreibt: «Zusätzlich zur regelmässigen Prüfung führen wir bei jedem einzelnen Produkt eine Dichtigkeitsprüfung durch. An unsere Kunden werden ausschliesslich fehlerfreie Produkte ausgeliefert, die den Luftdruck-Test bestehen.» Womanizer tauscht jedes nicht wasserfeste Modell Womanizer 2GO «anstandslos um – auch über die Garantiezeit hinaus.»
Auch beim Praxist-Test gab es grosse Unterschiede. DieTest-Frauen attestierten dem Womanizerdie stärkste Wirkung. Knapp dahinter liegt der Vibrator B Good.
Testsieger: Der teuerste ist der Beste
Weiterer Sextoy-Test
Der teuerste Vibrator in der Gesamtwertung ist der beste: Das Modell Mona Wave Black der Marke Lelo, gekauft im Migros Online-Shop Galaxus für 170 Franken. Vier von fünf Frauen empfehlen ihn.
Als einziger Vibrator ungenügend war das Modell Basic der Firma Nanma. Mit 12 Franken war er der günstigste im Test. Der Vibrator fiel nicht im Labor, aber im Praxistest durch. Die Testfrauen taxierten ihn als «langweilig», «laut» und «überhaupt nicht sinnlich».
Libosan schreibt: «Es freut uns, dass unser Produkt im objektiven Labortest durchschnittlich abgeschnitten hat, obwohl es mit Abstand das günstigste war. Wir bedauern, dass der Vibrator den Testerinnen beim subjektiven Praxistest nicht gefallen hat.»
Vibration: Labor- wiederspiegelt Praxis-Test
Zwischen den Laborwerten und den Praxisbewertungen gab es erstaunliche Parallelen: Die Vibratoren Little Paul und Tennis Coach erhielten von den Testfrauen bei der Wirkung die schlechtesten Werte. Genau bei diesen beiden misst das Labor am Vibrator-Kopf die geringste Stärke.
«Kassensturz» wollte sich bei verschiedenen Bundesämtern über mögliche Gefahren durch Inhaltsstoffe erkundigen. Neuere Untersuchungen gibt es in der Schweiz nicht.
Die Kontrolle der Vibratoren liegt bei den Kantonen und dort bei den Kantonschemikern. Sie schätzen das Gefahrenpotential als gering ein. Deshalb habe die Kontrolle von Vibratoren «bei uns momentan keine Priorität», heisst es etwa beim kantonalen Labor Zürich.
Die Geschichte des Vibrators
Erfunden wurde der Vibrator im Jahre 1880. Damals diagnostizieren Ärzte bei vielen Frauen eine mysteriöse Krankheit: «Hysterie». Symptome waren Schlaflosigkeit, Nervosität, Depression. Linderung erreichten die Ärzte scheinbar durch eine geschickte Manipulation sensibler Bereiche.
Dann hatte der junge Arzt Mortimer Granville eine Idee, als er bei seinem Kollegen und Erfinder ein neu entwickeltes rotierendes Reinigungsgerät entdeckte. Das Gerät wurde zum ersten Vibrator umgebaut und an viele Arztpraxen verkauft.
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Bild 1 von 12. Kleine Geschichte des Vibrators: Heute dienen die Sexspielzeug dem puren Lustgewinn, doch die ersten Vibratoren wurden aus medizinischen Gründen entwickelt. Bildquelle: Keystone/symbolbild.
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Bild 2 von 12. Noch um 1752 wird die Beckendusche angewandt, um «hysterische» Frauen von ihren Symptomen zu befreien. Bildquelle: Wikimedia .
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Bild 3 von 12. Dann entwickelt George Taylor den ersten mechanischen Vibrator. Der dampfbetriebene und mit Kohle befeuerte «Manipulator» ist noch fern von den filigranen Geräten, die wir heute kennen. Die Frauen legen sich bäuchlings auf den Tisch mit einem Loch, durch das sie mit einem vibrierenden Ball massiert wurden. Bildquelle: Wikipedia .
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Bild 4 von 12. Schnell werden die Geräte kleiner. Der Arzt Joseph Mortimer Grandville erfindet in den 1890er-Jahren den ersten mit einer Batterie (von 20 Kilo!) betriebenen Vibrator «Percuteur». Damit erleichtert er nicht nur die Kundinnen in seiner Praxis. Auch seine Arbeit wird um einiges einfacher – und lukrativer, weil die Massagen weniger lang dauern. Bildquelle: Wikipedia .
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Bild 5 von 12. Um die Jahrhundertwende herum entwickeln sich die Vibratoren in zwei Richtungen: Produkte für Ärzte – und solche für Konsumenten. Es gibt pneumatische (Bild), batterie- oder auch wasserbetriebene Vibratoren. Die Doktoren sind über die Entwicklung nicht sehr erfreut, weil ihnen die Patientinnen abhanden kommen. Bildquelle: Good Vibrations .
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Bild 6 von 12. Die Elektrifizierung bringt ganz neue Möglichkeiten – und die ersten Elektrogeräte in die Haushalte. Die Vorhut machen Nähmaschine, Ventilator und der Toaster, dicht gefolgt vom Vibrator. Good Vibrations . Bildquelle: Good Vibrations .
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Bild 7 von 12. Per Anzeigen, vor allem in Frauenmagazinen, werden den Kundinnen die neuen tragbaren Helfer schmackhaft gemacht. Bildquelle: Wikipedia .
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Bild 8 von 12. Der Vibrator «White Cross» ist um 1917 einer der am häufigsten verkauften Vibratoren in den USA und ein wahres Zaubergerät... Bildquelle: Good Vibrations .
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Bild 9 von 12. ...Ob Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, Verstopfung oder nervöse Zustände: Jeden Tag einige Minuten angewendet, sollte der gefeierte Vibrator so manches Leiden kurieren. Bildquelle: Wikipedia .
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Bild 10 von 12. Ab den 1920er-Jahren tauchen Vibratoren immer häufiger auf pornografischen Bildern und später in Erotik-Filmen auf. Die Reaktion der Ärzte: Sie wollen nichts mehr damit zu tun haben. Auch die Anzeigen beginnen, aus den Magazinen zu verschwinden. Bildquelle: Good Vibrations .
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Bild 11 von 12. In den 1950er-Jahre verschwindet die Hysterie aus den Medizinbüchern. Vibratoren werden nun aber nicht etwa offen beworben, sondern als Massagegeräte, Mittel gegen Pickel oder zur Gewichtsreduzierung angepriesen. Bildquelle: Good Vibrations .
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Bild 12 von 12. Die sexuelle Revolution ab Ende der 1960er Jahre ändert auch den Umgang mit dem Vibrator, der ab Ende der 1970er-Jahre offen als Sexspielzeug vermarktet wird. Auch die Materialien und Formen ändern sich. Hier der Dolly Dolphin von 1996 – der erste Vibrator aus Silikon. Bildquelle: Wikipedia/Aper Iseri .
140 Jahre später sind Vibratoren Alltagsgegenstände. Der Online-Händler Galaxus, eine Tochtergesellschaft der Migros, bietet mehrere hundert Vibratoren an.
Vibratoren stehen in den Regalen von Grossverteilern wie Migros und Coop. Das Schmuddel-Image haben sie abgelegt. Der Absatz steige, sagt Urs Meier, Leiter Medienstelle Coop: «Vibratoren sind ein Kundenbedürfnis. Die Zeiten, bei denen man sich früher vielleicht noch verschämt abgewandt oder sie ein wenig versteckt gekauft hat, sind definitiv vorbei. Heute ist das ein alltägliches Produkt.»