Mehrere Zehntausend Nutzer wollte Sharoo bis im Jahr 2015 haben. «Zukünftig soll an jeder Hausecke ein Auto stehen, welches durch die Öffentlichkeit genutzt werden kann», hiess es noch vor einem halben Jahr. Die Realität sieht anders aus: Per Ende April standen 550 Autos bei «Sharoo» zur Verfügung. Knapp 12‘000 Nutzer sind registriert.
War das junge Unternehmen am Anfang zu optimistisch? «Das kann sein», sagt Sharoo-Geschäftsführerin Carmen Spielmann. Es sei immer schwierig, Annahmen zu treffen. «Man stützt sich dabei zum Beispiel auf Studien, wie Car-Sharing im Ausland funktioniert.»
«Schweiz ist ein hartes Pflaster»
Tatsächlich sind die Voraussetzungen in der Schweiz nicht sonderlich gut für einen Dienst wie Sharoo: Der Wohlstand ist hoch, mehr als zwei Drittel aller Haushalte haben mindestens ein Auto. Ausserdem ist der öffentliche Verkehr gut ausgebaut, und es gibt mit «Mobility» bereits einen gut etablierten Car-Sharing-Dienst. Und es gibt noch eine weitere Hürde: Anders als etwa Werkzeuge oder Bücher, gehört das Auto zu jenen Dingen, die wir nicht gerne teilen.
Karin Frick, Forschungsleiterin am Gottlieb-Duttweiler-Institut, ist daher nicht sonderlich überrascht, dass das Interesse an Sharoo verhalten ist. In der Schweiz gebe es gar nicht so viele Leute, die Bedarf hätten: «Wer kein eigenes Auto möchte, ist schon früher umgestiegen auf den ÖV oder nutzt ‹Mobility›. Insofern ist die Schweiz ein hartes Pflaster, um mit einem weiteren Car-Sharing-Dienst zu starten.»
Grosse Investitionen in Shared Economy
Auch für Thomas Beschorner, Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, kommt es nicht überraschend, dass Sharoo seine Ziele bislang nicht erreicht hat: «Man muss realistisch sein», sagt Beschorner. «Im Moment ist es eine kleine Minderheit, die bewusst bei Car-Sharing mitmacht – Leute mit Idealen.»
Trotz aller Vorbehalte ist Thomas Beschorner vom Potential der sogenannten Shared Economy überzeugt. Er beobachtet, «dass in den USA immer mehr Kapital in Unternehmen der Shared Economy investiert wird». Dennoch bleibe die Entwicklung der verschiedenen Formen von Teilen abzuwarten.
Interview mit Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner
Shared Economy: «Wir werden alle Selbstständige»
Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner von der Universität St. Gallen glaubt, dass sich durch Shared Economy das klassische Angestellten-Verhältnis je länger je mehr auflösen wird. Im Interview sagt er: «Diese Entwicklung muss man kritisch beobachten.»
Sharoo denkt an Alternativen
Trendforscherin Karin Frick zweifelt nicht daran, dass Teilen in den kommenden Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewinnen wird. Dass es im Moment bei «Sharoo» noch harzt, ist für sie kein Widerspruch: «Man muss irgendwo anfangen und kann sich dann weiterentwickeln. Was wir in Zukunft über diese Plattform austauschen, ob Mobilität oder ganz andere Dienstleistungen, das ist noch offen.»
Bei Sharoo selbst denkt man bereits über Alternativen nach. Konkretes will Geschäftsführerin Carmen Spielmann dazu jedoch nicht sagen. Nur so viel: «Wir verfügen jetzt über einen Marktplatz auf dem wir Anbieter und Nachfrage zusammenbringen können. Das lässt viel Spielraum offen.» Vielleicht werden also in Zukunft nicht nur Autos über Sharoo geteilt, sondern auch andere Gegenstände oder Dienstleistungen. Denn teilen oder tauschen lässt sich so ziemlich alles: Rasenmäher, Hausarbeiten, Wohnungen.