Wer kennt das nicht: Der Hals kratzt, die Nase läuft und der Schädel brummt. In der Nacht ist an Schlaf kaum zu denken, am Morgen fühlt man sich wie gerädert.
Genauso fühlte sich vor ein paar Monaten eine junge «Espresso»-Hörerin aus dem Kanton Aargau: «Ich habe die ganze Nacht kaum ein Auge zugetan, erst gegen Morgen bin ich eingeschlafen». Als sie wieder aufwacht, ist es 9 Uhr. Die Frau ruft beim Arbeitgeber an und meldet sich krank.
Wieder im Geschäft, erlebt sie eine böse Überraschung: Mit Verweis auf den Arbeitsvertrag will ihr die Chefin einen Ferientag streichen. In den Anstellungsbedingungen findet sich eine Klausel, wonach sich Angestellte bei Krankheit bis spätestens 8.30 Uhr abzumelden haben. Wer zu spät anruft, wird bestraft und bekommt einen Ferientag gestrichen.
Die junge Mitarbeiterin ist sich keiner Schuld bewusst. Deshalb möchte sie vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen: «Ist so etwas überhaupt erlaubt?»
Arbeitsverträge dürfen nicht gegen die Rechtsordnung verstossen
Wer – wie die Hörerin im Beispiel – einen Arbeitsvertrag unterschreibt, akzeptiert in aller Regel die dort aufgeführten Regeln. Allerdings dürfen solche Regeln nicht gegen die Rechtsordnung verstossen.
Genau das ist hier jedoch der Fall: Bei Krankheit haben Angestellte laut Gesetz zwingend einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dieses Recht darf an keine Bedingungen geknüpft werden. Massgebend ist einzig, ob ein Angestellter wegen Krankheit seine Arbeit nicht verrichten kann. Im Beispiel der «Espresso»-Hörerin ist das der Fall. Die Regelung, man müsse sich bis spätestens um 8.30 Uhr abmelden, ist eine unzulässige Bedingung und deshalb gesetzeswidrig.
Selbstverständlich müssen Angestellte ihren Arbeitgeber unverzüglich informieren, wenn sie wegen Krankheit an der Arbeit verhindert sind. Der Arbeitgeber muss schliesslich planen können. Was nun als «unverzüglich» gilt, bestimmt allerdings nicht der Arbeitgeber, sondern der Gesundheitszustand seines Angestellten.
Konkret: Angestellte müssen sich krankmelden, sobald ihnen dies möglich und zumutbar ist. Dies hat die «Espresso»-Hörerin getan. Die Streichung des Ferientages ist also nicht rechtens.
Was tun: Sich wehren? Oder klein beigeben?
Wie aber soll sich die junge Frau nun verhalten? Wer beim Arbeitgeber aufbegehrt und ihn auf Unzulänglichkeiten hinweist, macht sich nicht überall beliebt und belastet ein vielleicht ohnehin angespanntes Verhältnis zum Vorgesetzten noch mehr.
Jahresgespräche sind eine gute Gelegenheit, solche Situationen anzusprechen und zu bereinigen. Gut zu wissen ist zudem: Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verjähren erst nach fünf Jahren. Die «Espresso»-Hörerin – sie absolviert noch bis Ende Jahr ein Praktikum in diesem Betrieb – könnte den ihr zu Unrecht vorenthaltenen Ferientag zum Beispiel am Ende ihres Praktikums nachfordern.