Die Trisomie 21 – das «Down-Syndrom» – ist die bekannteste Form der Trisomie. Doch kann grundsätzlich jedes der 23 Chromosomen des Menschen statt paarweise (disom) dreifach (trisom) vorliegen. Anstelle der üblichen 46 Chromosomen befinden sich in diesem Fall 47 Chromosomen im Zellkern. Leichte bis schwerste Entwicklungsstörungen, sind die Folge. Die Vielfalt der Behinderungen ist gross und meist nur grob vorhersagbar.
Die meisten Trisomien seien mit dem Leben nicht vereinbar, sagt Prof. Peter Miny, medizinischer Genetiker am Universitäts-Kinderspital beider Basel. Das gilt insbesondere für die grossen Chromosomen. Chromosomen sind fadenförmige Gebilde, die Gene und damit die Erbinformationen eines Lebewesens enthalten. Grosse Chromosomen berherbergen mehr Gene als kleine Chromosomen. Deshalb gilt: Je grösser das Chromosom, desto folgenschwerer die Trisomie.
Das gilt zum Beispiel für das Chromosom 1, das grösste Chromosom. Es beinhaltet acht Prozent des gesamten Erbguts des Menschen. Liegt es statt als Doppelsatz in dreifacher Ausführung vor, stirbt das entstehende Leben. Auch die häufigste Trisomie, die Trisomie 16, endet immer mit dem frühen Tod des Embryos.
Erhöhtes Risiko für Fehlgeburten
Alle Trisomien gehen mit einer erhöhten Fehlgeburtsrate einher. Untersuchungen an Fehlgeburtsgewebe zeigen, dass jede zweite Fehlgeburt Folge einer Trisomie ist. Meist kommt es im ersten Schwangerschaftsdrittel zur Fehlgeburt. Oft so früh, dass die betroffenen Frauen die Fehlgeburt irrtümlich für eine starke oder unregelmässige Monatsblutung oder unregelmässige Menstruation halten.
Das trifft auch auf die Trisomien 13, 18 und 21 zu, die mit dem Überleben des Kindes zwar vereinbar sind, aber dennoch häufig in einer Fehlgeburt enden. Bei diesen drei Trisomie-Formen sind kleine Chromosomen betroffen, die entsprechend wenig Erbinformation enthalten. Trotzdem führt ihre Verdreifachung jeweils zu komplexen klinischen Störungsbildern mit teilweise schwerwiegender Symptomatik.
Die Trisomie 13, auch bekannt als «Pätau-Syndrom», kommt mit einer Häufigkeit von einem auf 6000 Neugeborene vor. Die meisten der betroffenen Kinder haben einen Herzfehler. Sie sind klein. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind häufig, ebenso Fehlbildungen an Extremitäten, Gesicht und inneren Organen sowie Hör- und Sehbehinderungen. Die Kinder haben schwere Intelligenzdefekte und sterben meist früh, oft schon im ersten Lebensjahr.
Die Trisomie 18, das «Edwards-Syndrom», trifft etwa eines auf 2500 Babys. Auch diese Kinder haben vielfältige Organfehlbildungen – z.B. an Herz und Nieren – und eine schwere geistige Behinderung. Auch sie sterben in der Regel früh.
Ungefähr eines von 700 lebend geborenen Babys kommt mit einer Verdreifachung des Chromosoms 21 zur Welt. Die Gene auf dem überzähligen Chromosom sind verantwortlich für vielerlei Besonderheiten, Beschwerden und Krankheiten: Menschen mit Trisomie 21 sind klein und stämmig. Etwa die Hälfte von ihnen hat einen Herzfehler, viele auch anatomisch bedingte Darmprobleme. Seh- und Hörschwächen sind häufig, wie auch eine unterspannte Muskulatur, eine grosse Zunge, die das Sprechen erschwert, eine Unterfunktion der Schilddrüse oder Probleme mit dem Immunsystem. Nahezu alle Menschen mit Trisomie 21 haben eine mehr oder weniger stark verminderte Intelligenz. Denn die überzähligen Gene der Trisomie führen zu regulatorischen Problemen, die sich auf die Hirnentwicklung und den Hirnstoffwechsel auswirken.
In jedem Fall führe ein dreifach statt doppel vorhandenes Chromosom zu einer Kaskade von fehlerhaften Signalen im Körper, sagt Humangenetiker Peter Miny: Denn die in Überzahl vorhandenen Gene interagieren mit vielen weiteren Genen. Mittlerweile gibt es auch Medikamente, die das Lernvermögen von Kindern mit Down-Syndrom fördern sollen.
Kein einheitliches Krankheitsbild
Die Bandbreite der Symptome ist bei allen Trisomien sehr gross. Das hat immer auch damit zu tun, dass von der Trisomie nur ein Teil der Erbinformationen betroffen ist. Im Fall des Down-Syndroms heisst dies konkret: Von der Verdreifachung des Chromosoms 21, einem der kleinsten Chromosome, ist lediglich ein Prozent des gesamten Erbguts betroffen. In den restlichen 99 Prozent ihres Genoms unterscheiden sich Menschen mit Down-Syndrom genau so stark voneinander wie alle anderen Menschen auch.
Die Anzahl und Art der Symptome sowie deren Schweregrad kann zwischen den Betroffenen stark variieren, sagt Humangenetiker Peter Miny. Warum das eine Kind einen Herzfehler hat und und das andere nicht, warum ein Kind mit Down-Syndrom lesen und schreiben kann und ein anderes kaum zur Sprache findet, das weiss man bis heute nicht.