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Was tut meiner Stimme gut?

Schokolade strapaziert die Stimme, Hustenbonbons helfen? Eine HNO-Ärztin erklärt, was die Stimme unterstützt – oder ihr zusetzt.

Dr. Salome Zwicky

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Foto der Expertin

Dr. Salome Zwicky ist Spezialärztin für HNO-Heilkunde und Phoniatrie am SingStimmZentrum Zürich , Schlieren.

SRF: Trifft es zu, dass Schokolade schlecht ist für die Stimmbänder?

Dr. Salome Zwicky : Schokolade kommt beim Schlucken normalerweise nicht mit den Stimmlippen in Kontakt, denn man inhaliert sie ja nicht. Jedoch kann Schokolade, wie andere Milchprodukte, den Speichel etwas zäher machen. Das kann manche beim Singen leicht beeinträchtigen, in der Regel ist es aber kein Problem. Wenn man zum Beispiel vor einem Chorkonzert für den Blutzucker noch dringend etwas Schokolade braucht, ist es günstig, danach den Mund und Rachen mit Wasser zu spülen.

Bei wochenlanger Heiserkeit: Wie wird meine Singstimme wieder fit?

Primär durch Stimmschonung und dann durch vorsichtigen Stimmaufbau, zunächst möglichst mit Randstimmübungen, zum Beispiel feines Summen. Wenn jemand den Eindruck hat, er komme so nicht weiter, lohnt sich eventuell das Aufsuchen eines Phoniaters oder Gesangspädagogen. Generell gilt: Heiserkeit, die länger als drei Wochen andauert, sollte vom HNO-Arzt untersucht werden, da sich so in seltenen Fällen ein Kehlkopfkrebs ankündigen kann. Wenn aber der Zusammenhang mit einer Erkältung klar ersichtlich ist, und die Stimme eher wieder bessert, ist dies nicht unbedingt nötig.

Gibt es Medikamente, die eine erkältungsbedingte Heiserkeit wirksam dämpfen, zum Beispiel, wenn ein Konzert ansteht?

Es kommt ganz darauf an, was die Heiserkeit genau verursacht hat. Es gibt Schleimlöser, Inhalationen, Schmerzmittel, bis hin zu Antibiotika und Cortison-Präparaten, wobei die letzteren drei je nach Fall und je nach Befund mit Vorsicht durch einen Arzt verordnet werden müssen.

Die mentale Vorbereitung auf ein Konzert ist eigentlich wichtiger als Lutschbonbons.

Was tut der Singstimme vor einem Auftritt gut: vielleicht Kräuterbonbons, kalte oder warme Getränke, Schals um den Hals, Schweigen?

Das ist individuell sehr verschieden. Der Nutzen von Kräuterbonbons, Schals oder verschiedenen Getränken ist nicht nachgewiesen, aber wird je nachdem subjektiv als wirksam empfunden. Bei Profisängern, die vor einer hohen stimmlichen Beanspruchung stehen, kann es durchaus einmal Sinn machen, eine Stimmruhe einzuhalten, speziell wenn eine Krankheit mitspielt.

Beim Laiensänger ist es lediglich sinnvoll, dass man die Stimme vor einem Auftritt nicht überstrapaziert – lautes Schwatzen oder Lachen mit den Chorkollegen ist eher ungünstig –, das Einsingen sorgfältig mitmacht und sich auf das Musikstück und das Konzert konzentriert. Die mentale Vorbereitung auf das Konzert ist eigentlich wichtiger als Lutschbonbons.

Machen Opernsängerinnen auf Dauer eigentlich ihre Stimmen kaputt?

Gesundes Singen verursacht keine Abnutzungserscheinungen. Sängerinnen und Sänger müssen über eine sehr gute Technik verfügen und zudem genau wissen, wie viel sie stimmlich in welcher Zeit zu leisten fähig sind. Planung, Einteilung und die Wahl der Rollen haben eine hohe Wichtigkeit.

Was sagen Sie zum Thema Rauchen?

Dass Rauchen generell ungesund ist, wissen alle. Was die Stimme betrifft, so kann man aus Erfahrung sagen, dass viele Raucher nie ein Stimmproblem haben. Andere bekommen schon durch das Rauchen von zwei bis drei Zigaretten pro Tag ernsthafte Probleme. Das hängt vermutlich von der genetischen Konstellation ab. Wenn einem die Stimme aber wichtig ist, und wenn man gerne lange und gut singen möchte, ist Rauchen ungünstig.

Warum sollte man in einem Chor mitsingen?

Singen im Chor steigert das Wohlbefinden. Es ist schön, Musik zu machen, und es ist ebenfalls schön, etwas im sozialen Verband zu tun. Beim Chorsingen passiert aber noch etwas mehr als beim Spielen in einem Orchester oder im Kegelclub. Das muss mit der Stimme an sich zu tun haben.

Ich habe folgende Vermutung dazu: Einerseits ist einer der wichtigsten Gründe für die Bewährung der Stimme in der Evolution die Erkennbarkeit des Individuums. Stimme ist so persönlich wie ein Fingerabdruck. Andererseits ist der Mensch in der Regel nicht gern allein, Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Allein ist man schwach, gefährdet, und das macht Angst.

Gesundes Singen verursacht keine Abnutzungserscheinungen.

Und was passiert nun Ihrer Meinung nach während des Chorsingens?

Im Chor wird die eigene Stimme von der Gruppe aufgenommen, man verschmilzt als Person mit anderen über den Chorklang. In diesem positiven Zusammenhang ein Teil von einem Ganzen zu sein und zu einem übergeordneten Individuum zu gehören macht stark, mutig und leistungsfähiger. Dies ist ähnlich bei Tieren, die in Herden weniger Stress haben. Bei Menschen äussert sich dieser Mechanismus beispielsweise in der Entstehung von Soldaten- oder Bergwerksarbeiter-Liedern.

Studien zeigen, dass exklusiv beim Chorgesang der Level der Stresshormone sinkt und sogenannte Wohlfühlhormone in höheren Konzentrationen gemessen werden können. Das ist gesund und, nebst Pflege von Kulturgut oder Sozialkontakt, ein wichtiger Grund, in einem Chor zu singen.

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