Mit seiner kräftigen Statur, dem dichten Bart und den langen Haaren sieht der Thurgauer aus wie ein Seefahrer aus alten Tagen – und mit diesen teilt der 42-Jährige auch die Leidenschaft für Boote und das Segeln.
Stefan Züst hat viele abenteuerliche Segeltörns unternommen: Mit der nachtblauen Ailean Mor, seinem 5.8-Meter kurzen Holzkutter, segelte er immer wieder wochenlang alleine auf dem Ozean. Etwa in Schottland, ums Nordkap oder durch den Golf von Biskaya, eines der anspruchsvollsten Segelreviere Europas.
Es gibt nichts Besseres, um Wasser aus einem Schiff zu bringen, als einen Mann, der Angst hat – und einen grossen Eimer.
Züst ist definitiv kein Schönwettersegler. Je intensiver er Wind und Wetter spürt, desto besser. Er sucht die Verbindung zur Natur, mit möglichst wenig Material zwischen sich und dem Wasser. Auch das Alleinsein macht ihm nichts aus: «Ich fühle mich selten einsam, sondern eher frei.»
Die eigenen Grenzen verschieben
Auf rauer See in einem kleinen Holzboot kommt auch ein geübter Segler an seine Grenzen. Doch Stefan Züst bleibt auch beim Gedanken an stürmische Situationen die Ruhe selbst. Lakonisch meint er: «Es gibt nichts Besseres, um Wasser aus einem Schiff zu bringen, als einen Mann, der Angst hat – und einen grossen Eimer.» Das mache es eben aus: «Dass man die eigenen Grenzen immer wieder findet, auslotet und nach oben verschiebt.»
Nach seinen abenteuerlichen Segeltörns auf den Weltmeeren kehrt der «Eigenbrötler», wie er sich selbst bezeichnet, jeweils wieder zurück in ruhigere Gewässer: zurück in die Heimat, an den Bodensee. «Das Meer muss man sich erkämpfen, den Bodensee kann man einfach haben.»
Zu Hause am Bodensee
Aufgewachsen in Güttingen am Bodensee, war Stefan Züst schon als Kind fasziniert von Schiffen. In der 4. Klasse bekam der Bub von seinem Götti einen Bausatz für ein Kanu. «Seit diesem Augenblick verbrachte ich einen Grossteil meiner Jugend auf dem Wasser oder in irgendwelchen Garagen und Hinterhöfen, um an meinen ersten Segelschiffen zu basteln.»
Das Geräusch im Schiff von den Wellen, die an den Rumpf schlagen ist ein ganz anderes Geräusch, als wenn sie an ein Plastikding klopfen.
Das tut er im Grunde auch heute noch, allerdings professionell. Kurz nach der Lehre zum Bootsbauer machte er sich selbständig. Heute betreibt er in Altnau eine Werft mit sieben Angestellten. Mit seinem Team baut, repariert und pflegt er in aufwändiger Handarbeit Boote und restauriert alte Klassiker.
Egal ob Segelyachten, Motorboote oder Ruderboote – hauptsache, sie sind aus Holz, dem Baustoff, den er liebt: «Das Geräusch im Schiff von den Wellen, die an den Rumpf schlagen oder klopfen, das ist ein ganz anderes Geräusch, als wenn sie an ein Plastikding klopfen.»
Aus eigenem Holz geschnitzt
Stattdessen klopfen die Wellen bei Züsts Booten an spezielles Holz. Sogenanntes Mondholz aus dem eigenen Wald, den er vor ein paar Jahren von seinem Grossvater übernehmen konnte. Dafür werden die Bäume bei abnehmendem Mond im Winter gefällt.
So hätten sie weniger Feuchtigkeit in sich «und wir bekommen dadurch ein viel ruhigeres Holz», ist Züst überzeugt. So überzeugt, dass er seinen Booten eine Garantie gibt bis zu seiner Pensionierung.