Das Handwerk, dem Roman Beer nachgeht, ist selten geworden in der Schweiz: Er fertigt Holzleitern an. Der 31-Jährige hat Anfang 2023 die Firma Gubler übernommen, einen Thurgauer Traditionsbetrieb, der bis vor fünf Jahren noch im Besitz der Gründerfamilie war und der seit 1900 Leitern produziert.
Viel hat sich nicht verändert seit den Gründungsjahren der Firma. «Wenn ich morgens die Werkstatt betrete, fühlt es sich an, als ob die Zeit stehen geblieben wäre», sagt Roman Beer. «Es ist wie anno dazumal.»
Rund 400 Holzleitern stellt die Firma Gubler im thurgauischen Hörishausen jedes Jahr her. Zu Beers Kundschaft zählen Bauernbetriebe, Gärtnereien, Maler- und Elektrobetriebe, aber auch Privatpersonen. Im Sortiment sind einfache und höhenverstellbare Bockleitern sowie Baumleitern, die bis zu neun Meter lang sind. Die Preise reichen von 50 Franken für eine einfache Baumleiter bis zu hin 755 Franken für eine 3-teilige Leiter.
Für Leitern wurde extra ein Wald angelegt
Für die Produktion der Leitern verwendet Roman Beer bis zu 200 Jahre alte Bäume. Diese stammen aus einem eigens dafür angelegten Wald.
«Für eine Leiter müssen die Holzstücke auf einer Länge von neun Metern astfrei sein», sagt Beer. Die Bäume werden darum seit Generationen «wertgeästet». Das heisst: Bei jungen Bäumen werden ausgewählte Äste entfernt, damit sie nicht einwachsen. Daraus wächst Holz, aus dem – im wahrsten Sinne des Wortes – astreine Leitern entstehen können.
Im Winter arbeitet es sich besser auf Holzleitern
Für die Holmen – also die senkrechten Teile der Leitern – wird Fichtenholz verwendet, die Sprossen sind aus Eschenholz. Nachdem Roman Beer und sein Angestellter die Einzelteile zugeschnitten und gehobelt haben, schlagen sie die Sprossen mit einem Hammer in die Holmen. Schliesslich montieren sie die Metallbeschläge, mit denen die Leiter verlängert werden kann.
Hölzerne Leitern haben mehrere Vorteile gegenüber Leitern, die beispielsweise Aluminium gefertigt sind – das wüssten vor allem jene Leute, die im Winter auf einer Leiter ihrer Arbeit nachgingen, sagt Beer: «Holz hat eine Grundwärme, das macht das Arbeiten draussen angenehmer.» Ein weiterer Vorteil: Holz ist nicht elektrisch leitend.
Leitern halten mindestens ein Arbeitsleben lang
Nachhaltigkeit ist Roman Beer wichtig. Alle Produkte, die er für die Herstellung der Leitern verwendet, stammen aus der Schweiz – vom Holz, über die Sicherheitsspanne bis hin zu den Metallbeschlägen. Seinen Leitern attestiert Beer eine Lebensdauer von bis zu 40 Jahren.
Jedes Einzelteil könne zudem repariert oder ersetzt werden. «Jedes Jahr reparieren wir rund 100 Leitern», sagt er. «Das verlängert die Lebensdauer nochmals um rund 15 Jahre.»
Leitern also, die mindestens ein ganzes Arbeitsleben lang halten, sagt Beer. Und sollte eine Leiter nicht mehr zu retten sein, so sei sie zu 100 Prozent recyclebar.