Es ist schwierig, das Unerklärliche zu erklären. Was haben die Schweizer in der Gruppenphase begeistert. Die «Kleinen» wurden weggefegt, die «Grossen» mit einer eindrücklichen Selbstverständlichkeit niedergerungen. Wie kann es dann sein, dass im Viertelfinal, dem mit Abstand wichtigsten Spiel, wenig bis nichts zusammenläuft?
Vorneweg: Mangelnden Einsatz kann man der Nati im Nachbarsduell mit Deutschland nicht vorwerfen. Die Schweiz hat gecheckt, geackert, geschossen. Nur eines hat sie nicht: Ihr zweifelsohne grosses Potenzial abgerufen. Und zwar nicht ansatzweise. Diesen Vorwurf muss sich nicht nur jeder einzelne Spieler gefallen lassen, sondern auch der Mann mit der grössten Verantwortung an der Bande, Patrick Fischer.
Wie eine Blockade
Es ist seine Aufgabe, die Mannschaft so zu managen, dass sie am Tag X, in diesem Fall dem WM-Viertelfinal, ihre bestmögliche Leistung auf das Eis bringt. Das war von A bis Z nicht der Fall. Die Deutschen brauchten nicht einmal über sich hinauszuwachsen, um der Nati den Schneid abzukaufen.
Mit dem überraschenden Entscheid, Robert Mayer dem in Entscheidungsspielen weitaus erfahreneren Leonardo Genoni vorzuziehen, sendete Fischer ein Zeichen von Mut aus. Dieser Mut blieb jedoch unbelohnt. Mit seinem ersten groben Schnitzer des Turniers brachte Mayer die Schweiz schon früh auf die Verliererstrasse.
Verloren ging ab diesem Zeitpunkt auch die Leichtigkeit im Spiel der Nati, welche man sich zuvor über zwei Wochen angeeignet hatte. Verloren nicht nur vorübergehend, sondern bis zur Schlusssirene.
36 miserable Sekunden > 19 Punkte in der Vorrunde
Der Ausgleich durch Jonas Siegenthaler in der Startminute des Mitteldrittels hätte für die Schweiz den Weg zur alten Selbstverständlichkeit ebnen können, doch aus unerklärlichen Gründen tat er das nicht. Mit vielen unnötigen Strafen nahm sich die Nati gleich selbst den Rhythmus. Und als ihr die helfende Hand in Form einer Matchstrafe gegen Deutschlands Moritz Seider ausgestreckt wurde, packte die Schweiz nicht zu.
Im Gegenteil: Nicht nur liess sie die lange Überzahl ungenutzt und geriet kurz darauf wieder in Rückstand. Keine Zeigerumdrehung nach dem 1:2 kassierte die Fischer-Equipe gar noch das 1:3 – in Überzahl notabene. Fatale 36 Sekunden, welche die so eindrücklich gewonnenen 19 Punkte in der Gruppenphase komplett entwerten.
NHL-Spieler glänzen nur auf deutscher Seite
Die erhofften PS brachten auch die Schweizer NHL-Stürmer nicht auf das Eis. Nino Niederreiter, Nico Hischier und Kevin Fiala waren bei den meisten gefährlichen Offensivaktionen der Schweizer zwar nicht weit von der Scheibe weg. Den erhofften und so oft zum Thema gemachten Unterschied vermochten die Nordamerika-Nachzügler jedoch auch nicht zu machen. Denis Malgin konnte krankheitsbedingt nicht helfen.
Ganz anders auf der Gegenseite: Mit John Peterka (Buffalo Sabres) und Nico Sturm (San Jose Sharks) sorgten zwei der drei deutschen NHL-Spieler für die Entscheidung zugunsten der DEB-Auswahl.