Es hat wieder nicht sein sollen: Am Sonntag verloren die Schweizer Eishockey-Cracks einen lange offenen WM-Final gegen den vom Publikum angepeitschten Gastgeber mit 0:2. Für die Schweizer Medien kein Grund zum Verzagen – im Gegenteil. Eine Auswahl der Stimmen:
- «Kopf hoch. Für uns seid ihr Champions», titelt der Blick, und meint: «Gewinner sind die Eisgenossen trotzdem. (…) Das Team von Patrick Fischer mag am Ende den ganz grossen Coup nicht geschafft haben, ein grosses Turnier aber haben sie gezeigt. Eines, auf das wir stolz sein dürfen.»
- Die NZZ gibt Coach Patrick Fischer die Absolution bis 2026: «So bitter dieses Verdikt ist, das Schweizer Eishockey präsentierte sich in Tschechien glänzend wie schon lange nicht mehr. (…) Keinen anderen dürfte die Niederlage am Sonntag gegen Tschechien mehr schmerzen als Fischer. Trotzdem hat er bestätigt, dass sein Mantra, auf dem richtigen Weg zu sein, mehr war als eine beschönigende Durchhalteparole. An der WM in Prag hat er sich das Recht verdient, seine Arbeit im Nationalteam bis zur Heim-WM in zwei Jahren fortzusetzen.»
Fragezeichen beim Nachwuchs
- Von einer «fantastischen WM» berichten die Zeitungen der TX Group: «Diese Nationalmannschaft darf dennoch stolz sein. Sie glänzte vielseitig.» Goalie Leonardo Genoni sei hervorragend gewesen, die «überragenden Individualisten aus der NHL» hätten sich jederzeit in den Dienst der Mannschaft gestellt und NL-Spieler an ihrer Seite gehabt, die sich «nicht zu schade waren, sich in den hinteren Reihen aufzuopfern». Allerdings stelle sich die Frage nach der Zukunft: «Es rücken im Vergleich zur aktuellen Generation viel weniger junge Spieler mit hohem Potenzial nach.» Es brauche eine kritische Diskussion über die Nachwuchsförderung.
- Die Titel von CH Media sehen die Schweizer als «immerhin Weltmeister der Herzen». «Dieser Final ist das beste Spiel, das ein Schweizer WM-Team je verloren hat.» Einzige Erklärung für die Niederlage: «Die Hockeygötter haben gewürfelt.» Weder Sündenböcke noch vermeidbare Fehler habe es gegeben. «Nationaltrainer Patrick Fischer hätte nichts besser machen können. Mit diesem Turnier ist seine Position nun bis und mit der Heim-WM 2026, bis zum Auslaufen seines Vertrages gesichert.»
Finnland als Vorbild
- Laut Tribune de Genève und 24 Heures braucht die Schweiz nun vor allem eines, um eine grosse Eishockeynation zu werden: den Weltmeistertitel. Die Finnen hätten sich vor 30 Jahren in der gleichen Sackgasse befunden: oft platziert, nie gewonnen. Mit dem Titel von 1995 sei der Knoten geplatzt.
Euphorie in Tschechien
Gross ist der Jubel beim neuen Weltmeister. Die tschechischen Medien loben ihr Team und die Heimfans in den Himmel:
- Sport schreibt: «Gold! Ein Märchen, ein Traum, eine Fantasie – nennen Sie es, wie Sie wollen. Tschechien feiert nach 14 Jahren Eishockey-Gold, und noch dazu zu Hause vor aussergewöhnlichen Fans. David Pastrnak hob sein einziges Tor beim Turnier für den wichtigsten Augenblick am Ende auf. Ein Eishockey-verrücktes Tschechien freut sich darüber und hat auch allen Grund dazu.»
- «Ein goldener Traum!», freut sich Pravo. «Das Eishockey-Märchen mit den Nationalspielern Tschechiens in den Hauptrollen hat ein goldenes Happy End. (...) Tschechien erlebt eine Eishockey-Euphorie, wie es sie zuletzt nach dem Goldmedaillen-Gewinn bei den Olympischen Winterspielen von Nagano 1998 gab. (...) Eine der Hauptzutaten für den Erfolg war das heimische Umfeld. Selbst wenn die Prager Arena ein Vielfaches ihrer Kapazität gehabt hätte, wären die Zuschauerränge sofort voll gewesen.»
- Über den Ausnahmezustand schreibt Lidove noviny: «Tschechien ist in Euphorie: Das Fernsehprogramm wurde geändert, die Supermärkte schlossen zeitiger und Tausende Menschen versammelten sich auf dem Altstädter Ring im Prager Stadtzentrum. (...) Auch wenn die WM nun vorbei ist, wird die Stimmung in Prag noch eine Weile anhalten.»