Einst schoss er die Schweizer U17-Nati zum WM-Sieg. Heute sind seine juvenilen Gesichtszüge von 2009 zwar verschwunden, eines hat Haris Seferovic mit seinen 30 Jahren aber keineswegs verloren: den Erfolgs- und Torhunger mit dem Klub und der Nationalmannschaft.
Liverpool ist ein Riesen-Verein, die Atmosphäre an der Anfield Road ist top. Nur wegen der Stimmung reisen wir aber nicht an, wir wollen gewinnen.
Die Liste seiner Meriten erweitern könnte Seferovic schon am Mittwochabend, wenn er mit Benfica Lissabon auswärts gegen Liverpool zum Viertelfinal-Rückspiel der Champions League antritt. In absoluter Griffnähe liegt das Halbfinal-Ticket nach der 1:3-Niederlage im Hinspiel allerdings nicht, das weiss auch Seferovic.
Deswegen bereits den Fokus lediglich auf die Meisterschaft zu setzen, kommt für ihn aber nicht in Frage: «Liverpool ist ein Riesen-Verein, die Atmosphäre an der Anfield Road ist top. Nur wegen der Stimmung reisen wir aber nicht an, wir wollen gewinnen», meint der Stürmer im Interview mit SRF Sport in Lissabon.
Ein Mann, der immer weiterkämpft
Ob der «Mann aus Sursee» denn auch spielen wird, ist indes ungewiss. Nach hartnäckigen und wiederkehrenden Verletzungen am selben Muskel in der Wade zählt er erst seit rund 2 Wochen wieder zum Benfica-Kader und musste seither jeweils auf der Bank Platz nehmen.
Zusätzlich erschwert werden potenzielle Einsätze des Schweizers durch Stürmer Darwin Nuñez, der derzeit am Laufband einnetzt und ihm entsprechend vor der Sonne steht. Nuñez habe es verdient zu spielen, so Seferovic, um seinen Platz kämpfen wird er aber zweifelsohne.
«Wir sind in der Endphase der Saison, einen Stammplatz zu holen wird schwierig. Nichtsdestotrotz trainiere ich voll mit. Ich will meinem Coach etwas Kopfschmerzen bereiten, um dann im nächsten Spiel wenigstens 20 bis 30 Minuten spielen zu können», so der 30-Jährige.
Im Profifussball bist du nicht einfach da, um dich hinzusetzen. Wer sich darüber nicht ärgert, hat nichts mit Fussball zu tun.
Auch wenn jüngst die Gerüchteküche über einen möglichen Abgang Seferovics nach der laufenden Saison brodelte, gibt er kurz nach seinem 30. Geburtstag zu verstehen, dass er in der portugiesischen Kapitale weiterhin glücklich sei.
Sollte er seinen bis Ende Saison laufenden Kontrakt bei Benfica tatsächlich verlängern, wird Seferovic zur Wahrung seines Glücks wieder regelmässig spielen wollen, denn er weiss ganz genau: «Im Profifussball bist du nicht einfach da, um dich hinzusetzen. Wer sich darüber nicht ärgert, hat nichts mit Fussball zu tun».
Ich kann verzeihen, nicht aber vergessen.
Wieder zum Höhenflug mit der Nati?
In der Schweizer Nationalmannschaft kennt Seferovic die Sitzposition höchstens von der Garderobenbank, in der Offensive ist er im Team eine gestandene Grösse – beim Coup der Schweiz gegen Frankreich an der EM erzielte er 2 wichtige Tore.
Doch kennt «Sefe» auch in der Nati Zeiten des Tiefflugs, so etwa als er an der WM-Barrage gegen Nordirland Ende 2017 von Schweizer Anhängern im Basler St. Jakob-Park mit Pfiffen eingedeckt wurde.
Spätestens nach der erfolgreichen EURO spüre er wieder eine grössere Wertschätzung von Fans, und doch: «Ich kann verzeihen, nicht aber vergessen. Es ist nicht schön, so etwas erleben zu müssen, ich war nicht der Erste. Auch Alex Frei und weitere Spieler wurden ausgepfiffen – manche Spieler sind deswegen zurückgetreten.»
Gehört die «24» bald der Vergangenheit an?
Höhen- und Tiefflug hin oder her, klar ist: Murat Yakin wird froh sein, im WM-Jahr wieder auf den Stürmer zählen zu können, der nicht nur damals in der U17-, sondern mittlerweile auch in der A-Nati zu einer ungemein wertvollen Stütze herangereift ist. Gut möglich, dass dieser seine Marke von 24 Nati-Toren in den nächsten Monaten heraufschrauben wird – wenn denn die verflixte Wade hält.