Mit dem Rücken zum Tor nimmt Ramona Bachmann den Ball im Strafraum an, streichelt ihn sich während einer halben Körperdrehung zurecht und hämmert das Leder schliesslich in die weite linke Ecke.
Wir schreiben das Jahr 2015. Erstmals ist die Frauen-Nati an einer WM-Endrunde dabei. Auch die damals 24-jährige Offensivspielerin präsentiert sich zum ersten Mal auf der grössten aller Bühnen. Und liefert mit dem Tor zum 10:1 im Gruppenspiel gegen Ecuador ein wahres Schmankerl.
«Die WM in Kanada war mein erstes grosses Turnier. Ich wollte zeigen, über welche Qualitäten ich verfüge», so Bachmann acht Jahre später.
Das tat sie – und wie. Die Luzernerin erzielte in 4 Spielen 3 Tore, lieferte eine Vorlage und wurde sogar ins 23-köpfige WM-All-Star-Team gewählt.
Von der Egoistin zum Teamplayer
Und doch haftete der technisch so versierten Stürmerin lange ein Makel an: Zu «eigenbrötlerisch» sei sie, übersehe regelmässig ihre besser postierten Mitspielerinnen, verpasse den richtigen Moment fürs Zuspiel.
Tempi passati, ist man geneigt zu sagen. Denn wer Bachmann in diesen Tagen an der WM in Neuseeland beobachtet, der sieht eine Spielerin, die sich in den Dienst des Teams stellt.
Ich weiss mittlerweile, was das Team braucht und kann mich gut einordnen.
«Ich habe mich in all den Jahren weiterentwickelt. Ich bin geduldiger geworden, kann Situationen besser einschätzen», resümiert Bachmann. «Ich weiss mittlerweile, was das Team braucht und kann mich gut einordnen. Bei dieser WM steht der Teamerfolg ganz klar im Vordergrund.» Wenn sie defensiv gebraucht werde, sei das kein Problem.
Sie, die eigentlich für die offensiven Glanzlichter zuständig wäre. Keine andere Spielerin im Schweizer WM-Kader verfügt auch nur annähernd über Bachmanns Dynamik und Spielwitz. Zu sehen waren diese Qualitäten an dieser WM aber noch (zu) selten.
Geht offensiv im Achtelfinal mehr?
Sie habe mitbekommen, dass die mangelnde offensive Durchschlagskraft in den Medien kritisiert wurde – und relativiert: «Wir hatten ein klares Ziel, eine klare Strategie und die ist aufgegangen.» Hätte man ihr im Vorfeld gesagt, dass die Nati die Vorrunde als Gruppenerste überstehen wird, hätte sie das sofort unterschrieben.
Ihre Stärken sollen nun im Achtelfinal gegen Spanien vermehrt zum Zug kommen. Die offensiv ausgerichtete Spielweise von «La Roja» dürfte den Schweizerinnen mehr Räume bieten, die Bachmann bespielen und selbst beackern soll.
In Paris ihr Zuhause gefunden
Ihren Zug zum Tor hat die seit kurzem verheiratete Innerschweizerin auch in der vergangenen Spielzeit unter Beweis gestellt. «Ich habe bei PSG eine sehr gute Saison gespielt und spüre das Vertrauen des Trainers», schwärmt Bachmann, die in Paris längst heimisch geworden ist und ihren Vertrag kürzlich um zwei weitere Jahre verlängert hat.
Für Bachmann ist klar, dass sie auch nach ihrer Karriere im Fussballgeschäft bleiben möchte. «Ich habe da schon einige Dinge im Kopf, es gibt verschiedene Möglichkeiten», verrät sie, ohne dabei konkret zu werden. Das möchte sie in naher Zukunft ohnehin nur auf dem Platz. Am besten schon am Samstag im WM-Achtelfinal gegen Spanien.