«Der Mensch ist ein Gewohnheitstier», lautete das Schlussfazit von Diego Benaglio zur WM in Katar. Tatsächlich avancierte die Endrunde trotz erstmaliger Austragung im europäischen Winter, breiter Kritik im Vorlauf und ungewohnten Anspielzeiten für viele Fans innert weniger Tage zum Usus.
Hier gibt es eine Auswahl an prägenden Momenten aus Sicht des SRF-Experten, der als Goalie der Schweizer Nati selbst drei Weltmeisterschaften miterlebt hatte:
Unbändige «Löwen vom Atlas»
Am meisten Biss bewiesen in Katar weder die Löwen aus Kamerun oder dem Senegal, noch das Trio aus England. Und auch das Wappentier auf dem Shirt der «Oranje» wurde als Rudelführer abgelöst. Mit viel Kampf- und Teamgeist sicherten sich diesen Titel die «Löwen vom Atlas». Den überraschenden Vorstoss Marokkos in den Halbfinal würdigt Benaglio auch aufgrund der grossen Leidenschaft der Nordafrikaner.
Maradonas Thron erklommen
Argentinien zum dritten Mal auf dem WM-Thron kommt dem Ritterschlag Lionel Messis durch eine ganze fussballverrückte Nation gleich. Mit dem Titel krönt der «Zauberfloh» sein Wirken auf den internationalen Fussballplätzen und reiht sich endgültig auf einer Stufe mit dem grossen Diego Maradona ein. Für Benaglio besonders beeindruckend: die Entschlossenheit, mit welcher der 35-Jährige trotz Rückschlägen an den grossen Triumph im Wüstenstaat glaubte.
Spanisch-marokkanisches Innehalten
Kennen Sie Ceuta, die spanische Exklave an der nordafrikanischen Küste? Ungeachtet geopolitischer Spannungen traten Spanien-Goalie Unai Simon und dessen marokkanisches Pendant Bono vor dem Penaltyschiessen im Achtelfinal wie zwei richtig gute Nachbarn auf. «Einander in Momenten enormen Drucks in die Arme zu nehmen, ist ein riesiger Fairplay-Moment», resümierte Benaglio die Szene passend.
Ein Spiel dauert 101 Minuten ...
... und am Ende kommt es gar zur Verlängerung. So etwa im Viertelfinal zwischen dem späteren Weltmeister Argentinien und der Niederlande. Der späte Ausgleich von Wout Weghorst steht für Benaglio symptomatisch für die langen Nachspielzeiten, die in Katar ein gewöhnungsbedürftiges Novum darstellten. Doch auch hier lautet die Analyse des SRF-Experten: «Am Schluss gehörten sie für mich einfach dazu.»
Mit dem Wollpullover vor dem Fernseher
Während am Sonntag die Fans in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires bei 28 Grad und Sonnenschein Historisches feierten, fegte eine zügige Bise die Regentropfen durch die Pariser Champs-Élysées. An die Stelle von Public Viewings rückte das heimische Sofa und die Kuscheldecke. Was meint Benaglio dazu? «Es war ein spezielles Erlebnis, das ich auf ewig mit dieser 22. Austragung in Verbindung bringen werde.»