Dass Fussball ein Mannschafts- und eben kein Einzelsport ist, hat Marokko an der WM 2022 in Katar eindrücklich unter Beweis gestellt. Mit viel Solidarität und noch mehr Leidenschaft haben die «Löwen vom Atlas» Historisches geschafft, indem sie als erste afrikanische Nation überhaupt bis in einen WM-Halbfinal vorstossen konnten.
Die «Team-First-Mentalität» schliesst aber keineswegs aus, dass einzelne Akteure aus dem starken Kollektiv herausstechen. Im Fall der Marokkaner waren es in Katar speziell 2 Spieler, die zumindest hierzulande vor der WM noch nicht wirklich auf dem Radar erschienen waren. Über den einen, Sofyan Amrabat, wurde in den letzten Tagen bereits fleissig berichtet. Den anderen, Azzedine Ounahi vom französischen Erstligisten Angers, wollen wir nun auch etwas besser kennenlernen.
Der, der über den Platz tanzt
Anders als Hakim Ziyech (Chelsea) oder Achraf Hakimi (PSG) war der Name Ounahi vielen nicht geläufig, weshalb der marokkanische Spielmacher zunächst der Einfachheit halber und keineswegs despektierlich an Fussball-Stammtischen als «Nummer 8» bezeichnet wurde.
Sätze wie «hast du gesehen, wie die Nummer 8 von Marokko spielt?», «die marokkanische Nummer 8 hat ziemlich viel drauf» oder «wer ist eigentlich diese Nummer 8 von Marokko?», hörte man immer wieder.
Allerspätestens nach dem Halbfinal gegen Frankreich (0:2) hat sich der Name Ounahi in den Köpfen der Fussball-Kenner festgenagelt. Während Amrabat als «Scheibenwischer» im defensiven Mittelfeld harte Arbeit verrichtet, ist Ounahi für den künstlerischen Touch im marokkanischen Spiel zuständig.
Er verteilt die Bälle mit einer Leichtigkeit, die imponiert. Seine Bewegungen haben etwas von Strassenfussball, die Art wie er den Ball streichelt erst recht. Den Zweikampf meidet der 1,82 m grosse, aber sehr schlaksige Ounahi wenn immer möglich, dank seiner tollen Technik tut er dies oft mit Erfolg.
2020 noch in der 5. Liga Frankreichs
Zweifelsohne kann Ounahi zu den Entdeckungen der WM in Katar gezählt werden, für manch Experten ist der 22-Jährige gar DER Shootingstar schlechthin. Seit Sommer 2021 ist der Marokkaner beim Klub aus Westfrankreich unter Vertrag, dem Schlusslicht der Ligue 1.
In Europa kickt Ounahi hingegen schon seit 2018. Damals heuerte er in der 2. Mannschaft von Strassburg an, die in der 5. Liga zuhause ist, 2020 folgte der Transfer zu Avranches in die dritthöchste Division Frankreichs. Ein steiler Aufstieg sieht anders aus.
Dank seinen starken Vorstellungen in Katar könnte Ounahis Karriere nun so richtig lanciert werden. Mehrere Teams aus der Premier League sollen bereits ihr Interesse am Filigran-Techniker angemeldet haben. Auch über ein Geschäft mit Barcelona wird spekuliert.
Ounahis Vertrag bei Angers läuft noch bis 2026, seine Dienste dürften folglich ihren Preis haben. Denn eines ist klar: Ounahis Marktwert wird nach der WM nicht mehr bei 3,5 Mio. Euro bleiben.