Der Ablauf ist eigentlich immer der gleiche: Wenn eine Mannschaft einen Eckball herausholt, wird dies in der Regel von den eigenen Fans frenetisch bejubelt. Anschliessend kommen die grossen Abwehrspieler nach vorne, im Strafraum bildet sich eine Spielertraube. Voller Erwartung auf einen baldigen Torjubel blicken die Zuschauer auf den Eckballschützen, der den Ball in die Gefahrenzone spediert. Und am Ende versickert diese «Chance» einmal mehr ohne zählbaren Erfolg.
Es gehört zu den Eigenheiten des Fussballs, dass Eckbällen von Fans und Spielern zugleich ein viel grösseres Gefahrenpotenzial zugesprochen wird, als diese verdienten. Denn – so lehrt es uns die Statistik – nach Eckbällen fallen nur sehr selten Tore.
Beispiele aus der Schweiz gefällig? Bitte sehr:
- Der FC Luzern bekam in der abgelaufenen Saison 213 Mal einen Eckball zugesprochen – nur einmal resultierte daraus ein Tor (Erfolgsquote von 0,47 Prozent).
- Seit der FC Winterthur 2022 in die Super League aufgestiegen ist, kamen die Eulachstädter zu 350 Eckbällen. Daraus fielen gerade einmal 3 Tore (Erfolgsquote von 0,86 Prozent).
Der Durchschnitt in der Super League ist nicht ganz so tief wie jener von Winterthur und Luzern. Im Schnitt resultiert aus jedem 31. Eckball ein Treffer, was einer Quote von 3 Prozent entspricht.
Den Liga-Bestwert liefert übrigens Yverdon-Sport. Bei der Mannschaft von Trainer Alessandro Mangiarratti führte bislang jede 14. Ecke zu einem Tor (Erfolgsquote von 7,1 Prozent).
Corner haben keine Priorität
Der Wert von Yverdon ist überdurchschnittlich hoch. Für den Rest gilt: Bei Erfolgsaussichten zwischen 0,47 und 3 Prozent wird um die Eckbälle etwas gar viel Lärm veranstaltet.
Das Gefahrenpotenzial von Eckbällen liesse sich durch gezieltes Training durchaus erhöhen. Doch Giorgio Contini, Murat Yakins Assistent bei der Schweizer Nati, sagt, mit einer Fussballmannschaft trainiere man in erster Linie das Defensiv-Verhalten und die offensiven Spielzüge intensiv. «Und irgendwann sagt man: ‹So, jetzt üben wir doch noch ein paar Corner›», fügt Contini an. Die Prioritäten der Standards sei eher niedrig.
Freilich gibt es auch Spezialisten wie früher Mario Basler in Deutschland oder heute Xherdan Shaqiri in der Schweiz, die dann und wann einen Eckball direkt verwandeln. Die Corner-Erfolgsquote drücken zwar auch sie nicht wirklich nach oben, aber für die Zuschauer sind solche Tore immer ein grosses Spektakel.
Auf welcher extra dafür eingerichteten Homepage Fans des FC Winterthur die schwache Eckball-Ausbeute ihres Klubs ironisch zelebrieren, erfahren Sie im Audio-Beitrag oben.