Historisches ereignete sich im Schweizer Fussball letzten Mai: Die Delegiertenversammlung des Fussballverbandes beschloss, den Zentralvorstand von 7 auf 9 Personen aufzustocken. Beide neuen Sitze sollen explizit mit Frauen besetzt werden.
Doch wer soll es sein? Sind Frauen aus Sport, Politik oder Wirtschaft gefragt? Allmählich beginnt das Kandidatinnenkarussell zu kreisen. Aus der Wirtschaft kursieren die Namen von CS-Sponsoringchefin Sandra Caviezel, der UBS-Kaderfrau Sonja Löffel, einer ehemaligen Nationalspielerin, und von Cornelia Mellenberger, CEO Energie Wasser Bern. Auch Politikerinnen werden gehandelt, so die Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen und Corina Gredig, die sich für die Frauen-EM 2025 engagieren.
Meistgenannt sind Frauen mit sportlichem Background, allen voran die ehemalige Direktorin Frauenfussball im SFV, Tatjana Haenni, sowie deren Vorgängerin Franziska Schild. Von der jüngeren Generation Lara Dickenmann und Sandra Betschart, welche die Frauenabteilungen von GC und YB leiten. Des weiteren Kathrin Lehmann, die freilich bereits Verwaltungsrätin von Swiss Ice Hockey ist, und die frühere Spitzenfussballerin Bettina Baer, welche als Beraterin im Fussball Karriere macht.
Die Hoffnung, bald im obersten Gremium vertreten zu sein, ist in der Frauenfussballszene gross. «Es wäre gut, wenn mindestens eine Frau aus dem Fussball stammt und darüber genau Bescheid weiss», fordert Dickenmann, 135-fache Nationalspielerin und heutige Geschäftsführerin der GC-Frauenabteilung, im Namen der Klubfunktionärinnen. «Wichtig ist auch, dass sie gut vernetzt ist und sich zu sagen traut, was sie denkt. Wir wünschen uns, dass die Anliegen des Frauenfussballs direkt auf höchster Ebene vertreten werden.»
Primär geht es um eine Frauenvertretung, um mehr Diversität und nicht, wie manche glauben, um eine neue Abteilung Frauenfussball.
Der SFV-Generalsekretär dämpft Dickenmanns Hoffnung: «Primär geht es um eine Frauenvertretung, um mehr Diversität und nicht, wie manche glauben, um eine neue Abteilung Frauenfussball oder explizit eine Frauenfussballvertretung», sagt Robert Breiter. «Wir arbeiten mit einem Rekrutierungsbüro zusammen.»
Laut Statuen müssen Mitglieder «unabhängig» sein
Dass sportliches Know-How sekundär sein soll, stösst Vertreterinnen des Frauenfussballs sauer auf. Besonders stören sie sich an einem Passus der angepassten Statuten, wonach die neuen Mitglieder «unabhängig und in keiner Verbindung zu einer Abteilung oder einem Klub des SFV stehen dürfen». Demnach wäre einer Frau wie Dickenmann trotz fachlicher Expertise der Einzug in den Zentralvorstand von vornherein verwehrt, weil sie im Klubfussball tätig ist.
«Es geht darum, eine gewisse Aussensicht auf den Verband zu gewinnen», erklärt Breiter. «Deshalb suchen wir unabhängige Personen, die keiner Abteilung und keinem Klub des SFV angehören.» Was wiederum für Dickenmanns Vorschlag spricht, Tatjana Haenni zu wählen – die allerdings als Sportdirektorin der US-amerikanischen Liga in New York lebt.
Für Bewerbungen und Lobbying bleibt Zeit. Erst im März will der SFV eine interne Vorauswahl treffen. Gewählt werden die beiden Frauen dann an der Delegiertenversammlung im Mai.