16 Tore hat Cameron Puertas in dieser Saison für seinen Klub Royale Union Saint-Gilloise bereits vorbereitet. In den besten 10 Ligen Europas ist diese Zahl unübertroffen. Weder von Leverkusens Überfliegern Alejandro Grimaldo (12) sowie Florian Wirtz (10) oder Premier-League-Torjäger Ollie Watkins (10). Und auch Renato Steffen, der Assist-König der Super League, kommt «nur» auf 13 Vorlagen.
Doch anders als das oben genannte Quartett wird Puertas im Sommer mit allergrösster Wahrscheinlichkeit nicht an der EURO teilnehmen. Der Grund dafür ist aber nicht in den Leistungen des offensiven Mittelfeldspielers, der seit Winter 2022 in Belgien spielt, zu suchen, sondern in einer Jugendsünde.
Beim Pass ist Geduld gefragt
Während seiner Zeit bei Lausanne verliert Puertas seinen Führerschein. Ohne das Papier leistet er sich ein weiteres Vergehen auf der Strasse und kassiert so einen Eintrag im Strafregister. Das Talent, das zwar in der Stadt geboren und aufgewachsen ist, als Sohn einer spanischen Familie aber nur den iberischen Pass besitzt, erweist sich damit einen Bärendienst. Denn durch die Episode wird Puertas' Antrag auf einen Schweizer Pass blockiert. Erst 2025 dürfte sich die Angelegenheit erledigen.
«Die Vergangenheit holt dich manchmal wieder ein», sagt Puertas heute im SRF-Interview dazu. «Es ist passiert und Teil meiner Geschichte. Ich habe die bittere Pille bereits geschluckt und jetzt warte ich voller Ungeduld. Es liegt an mir, meine Leistung zu zeigen, damit ich für die Schweiz selektioniert werde, sobald es möglich ist.»
Titel mit dem Klub in Reichweite
Auch beim Schweizer Fussballverband ist man über die «Causa Puertas» im Bilde, in die juristische Angelegenheit einmischen, will man sich dagegen nicht. «Wir stehen in Kontakt mit Cameron und seinem Umfeld. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt der Ball bei seinen Anwälten. Von unserer Seite aus können wir die juristischen Prozesse nicht beeinflussen. Spätestens 2025 sollte seine Situation geklärt sein», lässt man von offizieller Seite verlauten.
So bleibt Puertas nichts anderes übrig, als sich auf seinen Klub zu konzentrieren – und das gelingt ihm in der laufenden Saison überaus erfolgreich. Auch dank der zahlreichen Vorlagen seines Regisseurs liegt Union SG zum Start der Liga-Playoffs auf Meisterkurs. Zudem haben die «Löwen» im Pokal, wo man im Final Anfang Mai auf Royal Antwerpen trifft, eine weitere Chance auf den ersten Titelgewinn seit 1935 (!).
Sofort auf Augenhöhe mit den Grossen
«Die letzten Spiele werden für uns extrem wichtig», blickt Puertas voraus. «Ich hoffe, dass es in diesem Jahr klappt. Man sagt ja immer: ‹Aller guten Dinge sind 3›.» Damit spricht der 25-Jährige die letzten beiden Jahre an, als Union jeweils am Titel vorbeischrammte.
Dabei ist der Klub aus einem Vorort Brüssels erst seit Sommer 2021 wieder im belgischen Oberhaus vertreten. Dank finanzieller Unterstützung von Tony Bloom, dem auch Premier-League-Klub Brighton gehört, und einer klugen Transferpolitik gelang es in Rekordtempo, trotzdem die Arrivierten zu ärgern und in Europa seine Spuren zu hinterlassen.
Auch für Spanien schlägt das Herz
Nachdem man in der letzten Saison im Viertelfinal der Europa League an Bayer Leverkusen gescheitert war, war heuer zwar bereits im Achtelfinal der Conference League gegen Fenerbahce Istanbul Endstation. Trotzdem bot die aktuelle Europacup-Saison für Puertas einige Highlights: «Ich erlebe derzeit meine schönsten Momente. Wir haben in Europa tolle Dinge erreicht: Eintracht Frankfurt eliminiert, zuhause gegen Liverpool und das Rückspiel bei Fenerbahce gewonnen. Gerade das Auswärtsspiel an der legendären Anfield Road war sehr emotional für mich. Meine ganze Familie war da, das war ein unvergesslicher Moment, das wünsche ich jedem Fussballer.»
Dass im Sommer vorerst kein weiteres Highlight dazukommt, hat Puertas sich selber zuzuschreiben. Trotzdem wird er die EURO natürlich mitverfolgen. Ob er eher Spanien oder der Schweiz die Daumen drückt, kann und will er nicht verraten. Gegen einen Final mit dem Duo hätte aber wohl nicht nur er nichts einzuwenden.