Murat Yakin strebt den Hattrick an. Nach der WM 2022 in Katar und der EM 2024 in Deutschland soll die WM 2026 in Nordamerika folgen. Es ist das grosse Ziel des 50-jährigen Nationaltrainers. Er würde mit der dritten Qualifikation für einen Grossanlass in Folge mit seinem Vorgänger Vladimir Petkovic gleichziehen. Dieser führte das Nationalteam zu zwei Europameisterschaften und einer Weltmeisterschaft.
Bei Yakin wäre es umgekehrt und damit noch etwas eindrücklicher – schliesslich sind in WM-Qualifikationen weniger Plätze zu vergeben. Die Spiele gegen Schweden, Slowenien und Kosovo, die über die Turnierteilnahme entscheiden, finden erst zwischen September und November statt. Bis dahin hat Yakin Zeit, die besten Spieler dafür zu finden.
«Es geht darum, im Herbst verschiedene Optionen zu haben», sagte Yakin zu seinem jüngsten Aufgebot. Das Trainingslager in Almancil, am südlichen Ende Portugals, wird zum grossen Spieler-Casting, wobei insbesondere die Situation in der Defensive interessiert.
Wenig bis gar keine Länderspiel-Erfahrung
Von den neun Verteidigern des aktuellen Kaders verfügt nur Ricardo Rodriguez über langjährige Erfahrung: Er hat bereits 125 Länderspiele bestritten. Danach klafft eine riesige Lücke. Eray Cömert kommt immerhin auf 17 Einsätze, der «dritterfahrenste» Spieler ist Cédric Zesiger mit vier Partien. Aurèle Amenda und Miro Muheim bestritten ihre bisher einzigen Länderspiele im vergangenen Herbst. Lucas Blondel, Stefan Gartenmann, Albian Hajdari und Isaac Schmidt sind noch nie im Nati-Dress auf dem Platz gestanden.
Dass Abwehrchef Manuel Akanji verletzungsbedingt nicht dabei sein würde, war bekannt. Dass Nico Elvedi nicht berücksichtigt wurde, überraschte. Auch Silvan Widmer (49 Länderspiele), Edimilson Fernandes (34), Kevin Mbabu (25) oder Ulisses Garcia (10) blieben ohne Aufgebot. Nun sollen sich andere beweisen.
Gegen Nordirland am Freitag (in Belfast) und gegen Luxemburg am Dienstag (in St. Gallen) wird es zu einer ungewohnten, womöglich sogar abenteuerlichen Abwehrreihe kommen. So liess Yakin bei der Kaderbekanntgabe durchblicken, dass er viel von Blondel und Gartenmann hält. Beide sind 28 Jahre alt, also keine Nachwuchshoffnungen mehr, und haben in ihrem Leben kaum Zeit in der Schweiz verbracht. Blondel ist in Argentinien aufgewachsen, Gartenmann in Dänemark.
Der Umbruch ist endgültig da
Yakin nimmt den Begriff «Testspiel» wörtlich und probiert aus, wer noch ins Team passen könnte. Im Vergleich zum 26-köpfigen EM-Kader vom vergangenen Sommer wurde die Hälfte der Spieler ausgetauscht. «Vielleicht wollten wir den Umbruch im Herbst noch nicht so richtig wahrhaben», sagt der Trainer. «Aber jetzt müssen wir bereit sein: Ich hoffe nicht, aber wenn Leistungsträger wie Granit (Xhaka) oder Manu (Akanji) wieder ausfallen, müssen wir Optionen haben.»
Yakin erinnert daran, dass auch vor der EM eine Art Casting stattgefunden hat. Damals überraschte der Coach mit einem XXL-Kader von fast 40 Spielern, das nach und nach reduziert wurde. Der Erfolg des Turniers sei für ihn eine Bestätigung gewesen. Davon angespornt, werden er und sein neuer Assistent Davide Callà nun ähnlich vorgehen und im März und wohl auch in den beiden Testspielen im Juni fleissig Spieler testen.