Am Dienstag war es so weit: In der 93. Minute wurde Ardon Jashari in der Nations-League-Partie gegen Tschechien für Remo Freuler eingewechselt. Die Nati-Feuertaufe war wenig später beendet. Das verregnete Trikot wird er im Kinderzimmer aufhängen, sobald er einen passenden Rahmen dafür gefunden hat.
Dabei wäre das Debüt von Jashari schon fast zu Beginn gescheitert. Den Anruf von Nati-Trainer Murat Yakin, der ihm die Nachnomination für Noah Okafor mitteilen wollte, hatte er nämlich zunächst ins Leere laufen lassen. Erst ein Rückruf offenbarte, wem die unbekannte Nummer gehörte, die spätabends auf dem Handy-Display aufgeleuchtet war.
Die Vorstellung, bald mit jenen Spielern auf dem Platz zu stehen, die vor nicht allzu länger Zeit als Vorbilder dienten, war selbst für den abgeklärten Jashari ein aufwühlendes Gefühl: «Die Vorfreude war riesig, die Nervosität aber auch.» Er, der die grossen Turniere jeweils mit der ganzen Familie verfolgt hat und Siege mit Hupkonzerten feierte, war plötzlich Teil dieser Mannschaft.
Kometenhafter Aufstieg
Noch vor einem Jahr war der Name Jashari wohl nur eingefleischten FCL-Fans ein Begriff. Der 1,81 Meter grosse Mittelfeldspieler war Teil der U21-Mannschaft und wurde im Januar 2022 vom neu verpflichteten Trainer Mario Frick in die 1. Mannschaft berufen. Begeistert von den Leistungen in der Vorbereitung liess Frick den Nachwuchsmann beim Rückrunden-Auftakt gegen Basel von Anfang an auflaufen. Von der Startelf ist Jashari bei den Luzernern seither nicht mehr wegzudenken.
Seit dieser Saison ist der erst 20-Jährige Teil des dreiköpfigen Captain-Teams, die Binde trug er bisher in vier Partien. Ganz neu ist die Rolle für ihn nicht: Schon in der Rückründe – damals noch ohne Captainbinde – sei er in der Kabine nach schlechten Leistungen schon mal laut geworden.
Eine Karriere wie Xhaka zu machen, wäre ein Traum.
Es mag erstaunen, dass sich gestandene Ü30-Fussballspieler von einem Jungspund wie Jashari die Meinung geigen lassen. «Wenn ich mit Spielern in diesem Alter am Tisch sitze, merken sie schnell, dass ich eine reife Person bin. So kennen mich die Spieler.» Er übernehme gerne Verantwortung, sehe sich aber trotzdem auf gleicher Stufe wie alle anderen Spieler.
WM-Debüt mit 20
Jasharis Reife und Leaderqualitäten auf dem Platz rufen unweigerlich Erinnerungen an Granit Xhaka hervor. Vergleiche mit dem Nati-Captain ehren den gebürtigen Zuger: «Das macht mich unheimlich stolz. Ich muss aber auf dem Boden bleiben und weiterhin Leistungen bringen.» Es gebe noch viel Entwicklungspotenzial und Luft nach oben, doch «einen Karriere-Weg wie Xhaka einzuschlagen wäre ein Traum».
Ein durchaus realistischer Traum wäre auch die Teilnahme an der WM in Katar. Jashari macht sich diesbezüglich keinen grossen Kopf: «Ich werde versuchen, beim FCL meine Leistungen zu bringen. Dann liegt es an Yakin, ob er mich mitnehmen wird.» Sollte der Nati-Trainer auf den FCL-Leistungsträger zählen, so hätte er Xhaka schon eines voraus. Der Arsenal-Söldner war bei seinem WM-Debüt «schon» 22 Jahre alt.
Vorerst ist Jashari aber wieder in der heimischen Super League gefordert. Am Sonntag ist Leader YB zu Gast in der Innerschweiz.