In einer Zeit, als der FC Basel die Liga dominierte, blieb den Berner Young Boys nur der Cup, um der immer länger andauernden Titellosigkeit ein Ende zu bereiten. Eine Liebesgeschichte war die Beziehung mit dem K.o.-Wettbewerb aber bei Weitem nicht. In den 2010er-Jahren blieb man unter anderem an Buochs (2. Liga) und Le Mont (Promotion League) hängen.
Auch Anfang März 2017 war die Hürde mit Winterthur im Cup-Viertelfinal auf dem Papier eine lösbare Aufgabe. Vor heimischen Anhang sollte gegen den damals Zweitletzten der Challenge League eigentlich nichts schief gehen. Tatsächlich dominierten die Berner die Partie nach Belieben und gingen mit einer 2:0-Führung in die Pause.
Drama im Penaltyschiessen
Unter dem späteren Meistertrainer Adi Hütter geriet YB nach dem Seitenwechsel aber ins Wanken. Winterthur glich die Partie dank zwei Toren innert 5 Minuten aus und rettete sich in die Verlängerung. Dort scheiterte das Heimteam zweimal am Gebälk und unterlag dem Underdog letztlich im Penaltyschiessen.
Wie tief die erneute Cup-Blamage sass, zeigte sich im nächsten Liga-Auftritt drei Tage darauf. Die Berner Fankurve stellte gegen Thun den Support und lud stattdessen zum gemütlichen Würste-Bräteln auf der Stehrampe ein.
Gleicher Favorit wie damals
Sechs Jahre später ist Winterthur zum ersten Mal seit dem grossen Coup wieder in einem Wettbewerbsspiel zu Gast im Wankdorf. Von den damaligen Protagonisten sind nur noch zwei mit von der Partie: FCW-Verteidiger Tobias Schättin und YB-Goalie David von Ballmoos. Letzterer war damals von YB an Winterthur ausgeliehen und verfolgte die Partie von der Bank aus.
Am Sonntag hat sich an der Favoritenrolle nichts geändert. Im Normalfall dürfte der Aufsteiger gegen den souveräne Tabellenführer aus Bern hartes Brot zu essen haben. Zumal die derzeitige Mannschaft nur wenig mit der verunsicherten und titellosen Truppe von damals gemein hat.
Extrawagen im Extrazug für die Sirupkurve
Einen Stimmungsboykott der eigenen Fans muss das Team von Trainer Raphael Wicky ebenso wenig befürchten. Weil der Klub zum ersten Mal über 20'000 Saisonkarten verkauft hat, kostet am Sonntag der Eintritt in jeder Kategorie nur 20 Franken. Zum fünften Mal ein ausverkauftes Haus und damit mehr als dreimal so viele Fans wie beim Cup-Out vor sechs Jahren dürfte die logische Folge davon sein.
Für ein freudiges Fussballfest trägt auch der Gast seinen Teil bei. Im Extrazug nach Bern hat der FC Winterthur einen Wagen für die «Sirupkurve» reserviert. Die jüngsten der FCW-Supporter werden schon auf der rund zweistündigen Reise mit Sirup versorgt, «können Fahnen basteln und FCW-Lieder singen».