Gross war der Ärger in Basel, als Schiedsrichter Alessandro Dudic dem FCZ in der Nachspielzeit einen umstrittenen Elfmeter zusprach. Das anschliessende 0:1 war letztlich die Vorentscheidung im Klassiker und Anlass zu weiteren unschönen Situationen wie der roten Karte gegen Taulant Xhaka, wofür der FCB-Captain für 8 Spiele gesperrt wurde.
Am Tag danach nimmt sich Schiedsrichter-Chef Daniel Wermelinger Zeit, und lässt die Szene, die zum Penalty führte, Revue passieren: «Da muss man nicht nach Ausreden suchen, das war ein Fehler, der uns auf diesem Niveau nicht passieren darf. Nicht im Stadion und nicht in Volketswil. Und wenn er im Stadion passiert, dann müsste der ‹Airbag› VAR in Volketswil aufgehen.»
Basel und Sion: 2 unterschiedliche Situationen
Sowohl der Schiedsrichter als auch der VAR hätten (fälschlicherweise) eine Berührung von Basel-Verteidiger Michael Lang gegen Bledian Krasniqi gesehen. «Das wurde nicht gut genug gecheckt in Volketswil», so Wermelinger, der auch deshalb verärgert ist, weil es «ein einfacher Fall gewesen wäre».
Anders beurteilt der Schiedsrichter-Chef die Situation in Sion. Dort habe sich der Unparteiische Luca Cibelli nach der Partie zu seinen Beweggründen geäussert, einen Handspenalty gegen Winterthur zurückzunehmen – der Entscheid sei nicht falsch. Aber: «Das Thema Handspiel ist ein unglaublich emotionales Thema. Wir legen das Hands so aus, wie es uns die Regeln vorgeben.»
Wermelinger kann den Frust in Basel sehr gut verstehen, schliesslich sei da tatsächlich ein Fehler passiert. «Der Ärger in Sion dagegen gehört wohl einfach zum Geschäft. Ich sage immer, Fussball ist wie ein Theater und jeder hat da seine Rolle.»
Unbestritten ist für den 52-Jährigen aber, dass derzeit nicht alles rund läuft. Dafür sieht der ehemalige Schiedsrichter mehrere Gründe:
- Fachkräftemangel: Im Hinblick auf die Aufstockung der Super League mussten heuer 4 Schiedsrichter nachgezogen werden. «Sie müsste man eigentlich sehr, sehr eng begleiten. Aber der Schweizerische Fussballverband und auch die Liga sind in einer finanziell schwierigen Situation. Da liegen zusätzliche Gelder für die Schiedsrichter nicht drin, das kann ich nachvollziehen», so Wermelinger. Trotzdem sei die Situation sehr anspruchsvoll.
- Kommunikation: Am Sonntag hatte Basel-Goalie Marwin Hitz die Kommunikation der Schweizer Schiedsrichter bemängelt. Wermelinger gibt dem Routinier bedingt recht: «Es liegt in der Natur der Sache, dass ein junger Schiedsrichter, der noch nicht lange in der Liga ist, anders kommuniziert als ein Routinier. Aber da muss man um Verständnis bitten. Jüngere haben den Fokus an einem anderen Ort und müssen sich kommunikativ in eine neue Liga hineinleben.» Er hält aber fest, dass die Jungen nicht mehr Fehler machen würden als die Arrivierten.
- Belastung: Aktuell stehen viele Schweizer Unparteiische auf internationalem Parkett im Einsatz. Was eigentlich eine Auszeichnung ist, bringt auch Schwierigkeiten mit sich. So könne man einen Schiedsrichter nicht für ein SL-Spiel am Wochenende aufbieten, wenn er am Donnerstag noch in der Europa League gepfiffen habe. Das führe dazu, dass in der Schiedsrichter-Ansetzung Einschränkungen gegeben sind.
- Amateurstatus: «Die meisten Schiedsrichter in der Super und Challenge League arbeiten 80 oder 100 Prozent. Das bringt einen an Grenzen», so der Chef, der das Fazit zieht, dass «die Leistungen im Gesamtkontext nicht so gut sind, wie wenn man Profi ist».
Trotzdem fordert Wermelinger, aufgrund der letzten Eindrücke nicht alles schwarz zu malen. Man habe die Fehler seit der Einführung des Video-Schiedsrichters reduzieren können, «das zeigen auch unsere Statistiken». Er könne aber jeden verstehen, der wegen einzelner Fehler «den Kopf schüttelt», wenn man direkt beteiligt sei.
Um in Zukunft (noch) weniger Fehlentscheide zu treffen, setzt der 52-Jährige zudem an drei Punkten an. «Die kalibrierte Linie bei der Abseitsstellung wird kommen. Die Kommunikation gegenüber Fans und Klubs muss sich verbessern, während der Check läuft. Und schliesslich müssen wir bei uns selber dranbleiben und uns verbessern, damit solche Fehler wie in Basel nicht mehr vorkommen.»