Familienbande im Spitzenfussball ist keine Seltenheit: In Italien sind Vater Cesare und Sohn Paolo Maldini nationale Fussballheiligtümer. In den 1990er Jahren gehörten die dänischen Gebrüder Laudrup zu Europas begnadetsten Technikern. In der islandischen Nationalmannschaft ersetzte 1996 Sohn Eidur Gudjohnsen seinen Vater Arnor beim Spiel gegen Estland. Ein bis heute einmaliges Ereignis.
Die Schwamendinger Fussballdynastie
In der Schweiz gab es die Brüder Heinz und Herbert Hermann, René und Kudi Müller oder Alain und René Sutter. Auch Vater Pierre-Albert und Sohn Stéphane Chapuisat sorgten auf dem Rasen für Furore. Übertroffen werden sie alle nun von den Rodriguez-Brüdern: Roberto (24), Ricardo (22) und Francisco (18) haben sich als Trio daran gemacht, Schweizer Fussball-Geschichte zu schreiben.
Alle lancierten sie ihre Karrieren beim FC Schwamendingen. Alle tragen sie noch heute die Rückennummer 34 in ihren Klubs. Gemeinsam war allen, seit Beginn ihrer Fussballerkarriere, der unbedingte Wille: «Der Unterschied zu allen anderen war ihr Ehrgeiz», sagt ihr Juniorentrainer Ruedi Hafner. «Sie spielten immer, auch nach dem Training. Das braucht es.»
Roberto: Der Spätzunder
«Wir wissen woher wir kommen», sagt Roberto, der älteste der Brüder, «wir mussten uns alles hart erarbeiten.» Worte, die besonders in seinem Fall stimmen: Im Gegensatz zu seinen jüngeren Brüdern gelang ihm der absolute Durchbruch erst in seinen frühen Zwanzigern. Beim Konkurs gegangenen Bellinzona stand auch seine Zukunft auf der Kippe. Es seien schwere Zeiten gewesen, sagt er rückblickend. Mittlerweile spielt er seine zweite Saison in der Super League und gehört in St.Gallen zu den Leistungsträgern.
Ricardo: Immer höher, immer weiter?
Ganz anders der Karriere-Verlauf von Ricardo Rodriguez: Beim FCZ verdrängte er als Nachwuchshoffnung Ludovic Magnin, in der Nati trat er wenig später an die Stelle von Reto Ziegler. Heute gehört Ricardo beim VfL Wolfsburg zu den auffälligsten und gefragtesten Akteuren der Bundesliga. «Wunderbar, dass alles so schnell ging», meint er lapidar. Doch auch hinter seinem Erfolg steckt harte Arbeit - und viel Talent.
Francisco: Büro oder Stadion?
Über dieses verfügt auch Francisco zur Genüge, vielleicht sogar am meisten der drei Brüder. «Er war gut in der Schule», sagt Mutter Marcela. «Wir wollten nicht, dass er Fussballer wird.» Nun schliesst er seine KV-Ausbildung ab, mittelfristig dürfte der FCZ-Akteur aufgrund seiner herausragenden Fähigkeiten aber eher in Europas Fussballarenen als in einem Grossraumbüro anzutreffen sein.
Die Rolle der Familie
Bei allen Unterschieden in der Biographie, in einem Punkt sind sich die Brüder einig: Ohne den familiären Zusammenhalt hätten sie es nie zum Fussballprofi geschafft. «Unsere Eltern haben alles für uns getan», sagt Roberto. «Sie brachten uns zu den Spielen, holten uns wieder, unterstützten uns wo es ging.» Auch der Zusammenhalt unter den Brüdern ist gross: «Wir halten zusammen, reden viel miteinander. Wir sind immer füreinander da, wenn es Probleme gibt». Rein sportlich lässt sich die ungewöhnliche Geschichte der Brüder eben doch nicht fassen.
Sendebezug: SRF zwei, sportpanorama, 31.08.12 18:15 Uhr