Eine Überraschung war der Entscheid des IOC, die Tür für russische und belarussische Athleten im Weltsport wieder zu öffnen, für Swiss Olympic nicht. Man sei bereits in den vergangenen Tagen vom IOC kontaktiert worden, sagte Direktor Roger Schnegg am Dienstag.
Das höchste Gremium von Swiss Olympic, der Exekutivrat, werde am Mittwoch darüber beraten, ob die Schweizer Position beibehalten oder angepasst wird. Bisher folgte Swiss Olympic wie auch die meisten übrigen westlichen Staaten der IOC-Empfehlung, Sportlerinnen, Sportler und Funktionäre aus Russland sowie Belarus auszuschliessen.
Swiss Olympic geht laut Schnegg davon aus, dass die Olympischen Spiele 2024 «gut über die Bühne gehen». Ein Schweizer Olympia-Boykott stehe derzeit nicht zur Diskussion.
Eckmann: Verneigung vor Putin
Heftige Kritik am Entscheid kam von Daniel Eckmann, einstiger Spitzensportler und ehemaliges Mitglied der Swiss Olympic Academy. Der Entscheid sei schwer nachvollziehbar: «Es sind immer noch der gleiche Krieg, die gleiche Charta, die gleichen Menschenrechte.»
Das IOC müsse sich entscheiden, wie manchen Kniefall vor Putin es noch machen wolle. Die Option «Boykott» wäre ein Notausgang, so Eckmann weiter. «Es wäre ein Zeichen der Feigheit, einen solchen politischen Entscheid den Athletinnen und Athleten aufzuhalsen, nur weil das IOC die Eier nicht hat, einen solchen Entscheid selber zu fällen.»
Kritik in Deutschland – und Russland
In Deutschland sprach Innenministerin Nancy Faeser von einem «Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler». Auch der Deutsche Olympische Sportbund kritisierte den Entscheid. «Aber wir akzeptieren, dass wir mit dieser Haltung einer Minderheit im internationalen Sport angehören.» Polens Aussenminister Piotr Wawrzyk sprach von einem «Tag der Schande für das IOC».
Kritik kam aber auch von der anderen Seite des Spektrums: «Die angekündigten Kriterien für die Rückkehr zu internationalen Wettbewerben sind inakzeptabel», sagte der Präsident des Russischen Olympischen Komitees, Stanislaw Posdnjakow.
Unterschiedliche Reaktionen in der Ukraine
Der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt wertete den Entscheid als Teilerfolg. «Wir haben es geschafft, dass die Entscheidung über die Zulassung von Russen und Belarussen zu den Olympischen Spiele 2024 verschoben wird», teilte er mit. Bedeutend kritischer äusserte sich Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko, Bruder des Kiewer Stadtpräsidenten Witali: «Die Entscheidung ist eine ‹falsche Fahne›. Thomas Bach dient den Farben und Interessen Russlands. Die Entscheidung verseucht den olympischen Geist und ist wie dieser Krieg: Unsinn.»