Trotz des Rücktritts vom Rudersport Ende Januar ist Jeannine Gmelin bei der Weltcup-Regatta in Luzern präsent. Die Schweizerin setzt am Rotsee die Idee ihres im vergangenen Dezember verstorbenen Trainers und Partners Robin Dowell in die Wirklichkeit um, Kaffee einer nahe gelegenen Rösterei am Weltcup-Anlass in Luzern zu verkaufen.
In anderer Rolle zurück am Rotsee zu sein, sei für Gmelin nicht komisch: «Über so viele Jahre war der Rudersport mein vertrautes Umfeld.» Daher fühle sie sich «wie zuhause». Wehmut komme aber dennoch auf.
Dowell habe «vor ziemlich genau einem Jahr» mit dem Rösterei-Inhaber zu planen begonnen. «Ich fand das Projekt mega cool», sagt Gmelin im Interview gegenüber SRF. Deshalb habe sie sich im Februar entschieden, «seine Vision in die Realität umzusetzen».
Grosser Andrang auf «Robs Hood»
Unter dem Namen «Robs Hood» tritt das Café am Ruder-Weltcup in Erscheinung. Kaffee machen sei zwar keine Hexerei, aber «man muss den Kopf trotzdem bei der Sache haben». Vor allem, wenn die Leute wie am Sonntag Schlange stünden.
Zu Gedenken Dowells hat Gmelin vor dem Café Bilder ihres verstorbenen Partners sowie ein Büchlein aufgestellt, worin die Besucherinnen und Besucher ihre Gedanken teilen können. Die Rückmeldungen zum Café seien bisher durchwegs positiv: «Sowohl der Kaffee als auch die Atmosphäre kommen bei den Leuten sehr gut an.»
Gmelin hat Schockphase überwunden
Dowell starb im Alter von 40 Jahren während einer Trainingseinheit auf dem Wasser. Gmelin versuchte erfolglos, ihn wiederzubeleben. Dieser Schicksalsschlag riss der Weltmeisterin von 2017 logischerweise den Boden unter den Füssen weg, sie erklärte ihren Rücktritt. Die Schockphase hat Gmelin mittlerweile überwunden. So haben nun andere Sachen in ihrem Kopf Platz.
Zudem ist ihr Energielevel wieder normal, kann sie neben dem Alltagsprogramm auch wieder Sport treiben. Beides war zuvor nicht möglich, da war die Trauer «flächendeckend», so Gmelin gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Trainerin «nicht mein Traumjob»
Im Ruderboot sass Gmelin seit der Tragödie praktisch nie. An Ostern ging sie allerdings mit dem SC Luzern in ein Trainingslager, im Mai und Juni trainierte sie auf Mandatsbasis die Frauen. Künftig als Trainerin zu arbeiten, schliesst sie nicht aus, «es ist aber nicht mein Traumjob». Zwar begleite sie gerne junge Menschen auf ihrem Weg, jedoch halte sich ihre Leidenschaft für die technischen Aspekte des Ruderns in Grenzen.
Die Rückkehr in die Ruderszene war für sie schwierig. «Einerseits war ich an Ostern im Verarbeitungsprozess noch an einem anderen Punkt als jetzt. Andererseits vermisse ich das Rudern schon.» Sie habe ja nicht aufgehört, weil sie keine Lust mehr auf Leistungssport hatte.