In Sachen mentaler Gesundheit hebt sich die Schweizer Sportelite nicht von der Gesamtbevölkerung ab. Prozentual werden Schweizer Sportlerinnen und Sportler nicht seltener von psychischen Problemen geplagt als der Rest der Schweiz, wie die Studie des Baspo zeigt.
In Zeiten von Verletzungen aufpassen
Eine wichtige Erkenntnis liefert die Studie in Bezug auf Verletzungen: Eine Phase, in der es vermehrt zu psychischen Problemen kommt. Jede dritte verletzte Person gab bei der Baspo-Befragung an, zu leiden. Oftmals geht eine Verletzung mit einer Isolation vom Team einher – sowohl bei Einzel- wie auch Teamsportlern. Hinzu kommt ein Kompetenz-Verlust – weil die Athleten nicht mehr ausüben können, was sie am liebsten und besten machen.
«Gerade verletzte Athletinnen und Athleten müssen sich fühlen wie in einem behüteten Nest. Sie müssen wissen, dass sie nicht fallen gelassen werden», nennt Swiss-Ski-Chefarzt Walter O. Frey einen wichtigen Punkt im Umgang mit Verletzungen. Nur: Was, wenn eine Verletzung gar zum Karriere-Ende führt? Wenn Athletinnen neben ihrem Ziel auch das komplette Sport-Umfeld verlieren?
So hat es Beatrice Scalvedi erlebt. Ihre alpine Ski-Karriere endete mit 23 Jahren, bevor sie richtig beginnen konnte. «Bei mir hat sich alles um Sport und Leistung gedreht. Dann war das plötzlich weg. Ich war nicht mehr Beatrice, die Spitzensportlerin. Ich war einfach Beatrice – wusste aber nicht, wer das überhaupt ist», sagt die Tessinerin.
Mehr Möglichkeiten und das Recht auf eine Schwäche
Heute setzt sich die Psychologie-Studentin dafür ein, dass mentaler Gesundheit im Sport mehr Beachtung geschenkt wird. Scalvedi sagt: «Das Sport-System ist schwierig zu ändern. Aber man muss auf die Probleme hinweisen, nach Lösungen suchen.» Besonders jungen Athletinnen und Athleten, die aus diversen Gründen aus dem Elite-Sport ausscheiden, müssten mehr Möglichkeiten für psychologische Begleitung geboten werden.
Zudem brauche es einen Kulturwechsel. Scalvedi sagt: «Sportler müssen sich immer stark zeigen. Dabei sind auch sie normale Menschen mit ihren Problemen und keine Maschinen. Auch sie haben ein Recht auf Schwächen verdient.»