Es gibt noch «Luft nach oben» und jetzt einfach «nicht nervös werden» lauteten die gängigen Bilanz-Parolen am letzten Freitag noch, dem ersten rennfreien Tag an der Ski-WM in Courchevel/Méribel. Nur 2 Renntage und satte 3 Medaillen später ist aus Schweizer Sicht wieder alles im Reinen.
Trotz seiner definitiv einkalkulierten, am Donnerstag aber knapp verpassten Super-G-Medaille ist Marco Odermatt «nicht nervös geworden» und dafür in der Abfahrt über sich hinausgewachsen. Und «Trainings-Weltmeisterin» Jasmine Flury hat ihre persönliche «Luft nach oben» mit dem mit Abstand grössten Erfolg ihrer Karriere brillant ausgefüllt.
Mit nun 4 Medaillen winkt die Schweiz nach 6 von 13 Entscheidungen von der Spitze des Medaillenspiegels. Ob die starke Ausbeute von 9 Cortina-Medaillen im 2021 erreicht werden kann, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Wir blicken voraus:
Team-Event & Parallel-Rennen: Kurs-Krux und Chancen für alle
Den beiden Bewerben kann mit Fug und Recht der geringste Stellenwert an dieser WM zugesprochen werden. Die wiederkehrende Krux mit den zwei jeweils ungleich schnellen Kursen hilft dabei nicht. Dennoch: Es gibt Medaillen zu gewinnen. Und vor allem im Team-Event darf sich die Schweiz, ihres Zeichens Olympiasiegerin 2018 und Weltmeisterin 2019, durchaus Chancen ausrechnen.
Bei den Parallel-Rennen kann bekanntlich alles passieren. Die WM-Premiere dieser Disziplin vor 2 Jahren erhitzte die Gemüter und hinterliess einen faden Beigeschmack, sowohl bei Loïc Meillards Bronze-Gewinn als auch beim «unfairsten Rennen» bei den Frauen.
Riesenslaloms: Odermatt – oder doch andere?
Keine Frage: Beim «Riesen» sind die Schweizer Medaillen-Chancen gross, wenn nicht sogar «riesig». Dominator Marco Odermatt hat sich mit seinem Abfahrts-Gold eine gehörige Portion Druck von den Schultern genommen und kann mit seinen 4 Saisonsiegen und einem 3. Platz im Rücken befreit antreten. Einzig beim Schladming-Riesenslalom fehlte der Nidwaldner verletzungsbedingt – und seine Swiss-Ski-Kollegen Meillard (1.) und Gino Caviezel (2.) sprangen in überragender Manier ein.
Bei den Frauen dürfte Gold gemäss Papier-Form über Mikaela Shiffrin (5 Saison-Siege) gehen. Doch dahinter lauert Titelverteidigerin Lara Gut-Behrami, die in dieser Saison in 8 Rennen nie ausserhalb der Top 7 klassiert war und dabei 4 Mal aufs Podest fuhr (1 Sieg). Aus Schweizer Sicht käme mehr als eine (Gut-Behrami-)Medaille einem (Flury-)Exploit gleich.
Slaloms: Premieren-Holdener und ein Männer-Trio
Auch im Slalom ist Shiffrin Top-Favoritin – doch die Olympischen Spiele in Peking und die Kombi vom letzten Montag haben gezeigt, dass der Ski-Queen an Grossanlässen zuletzt etwas die Leichtigkeit gefehlt hat. Wendy Holdener derweil steht im Winter, in dem sie nach ihren gefühlt 1000 Podestplätzen endlich die ersten 2 Siege einfahren konnte. Abgesehen von Spindlermühle und ihrem Beinahe-Sturz war die konstante Schwyzerin stehts in den Top 5 zu finden.
Bei den Männern hat die Schweiz mit Daniel Yule, Ramon Zenhäusern und Meillard gleich drei ganz heisse Podest-Eisen im Feuer. Vor allem der wiedererstarkte Zenhäusern legte in dieser Saison einen veritablen Steigerungslauf hin mit dem Chamonix-Sieg als (vorläufigem) Höhepunkt. Schlagkräftige internationale Konkurrenz ist allerdings zuhauf vorhanden, angeführt von den Norwegern Lucas Braathen und Henrik Kristoffersen.