Nicht ohne Sorgenfalten war am Dienstag in Saalbach die Ski-WM eröffnet worden. Die einst so erfolgsverwöhnte Ski-Nation Österreich fürchtete angesichts magerer Resultate in dieser Saison, im Kampf um die Medaillen nur eine Nebenrolle zu spielen. Schliesslich hielt Ski Austria vor der WM bei Frauen und Männern summiert bei nur eben zwei Siegen in diesem Winter – beide gingen auf Cornelia Hütters Konto.
Die ärgsten Sorgen wichen dann schon am 3. WM-Tag der Ekstase. Stephanie Venier erlöste die Gastgeber mit dem überraschenden Sieg im Super-G. Passenderweise hatte sie am Tag zuvor zu Protokoll gegeben: «Im Super-G bin ich oft wie ein Überraschungsei.» Mit ihr atmet eine ganze Ski-Nation auf, Frauen-Cheftrainer Roland Assinger analysierte Veniers Lauf: «Sie hat es bravourös gemeistert, Entschlossenheit pur.»
Sie habe sich selbst viel Druck auferlegt, schilderte die überglückliche Weltmeisterin am Abend im SRF-Studio. Doch auch das gesamte österreichische Team sei unter Druck gestanden – vor allem von medialer Seite. «Und ich bin so dumm und schaue am Morgen auch noch Nachrichten», schmunzelte Venier.
Handtaschen, Fleisch, Hütters Ex
Zum Schmunzeln sind auch einige Kuriosa, die es zur Tirolerin gibt:
- «Gucci-Tante»: Venier hat ein Faible für Handtaschen. Doch der Ursprung ihres teaminternen Spitznamens geht noch weiter zurück. Einst wurde sie beim Training in Chile von einem Coach wegen ihrer Armhaltung zurechtgewiesen, sie solle doch «das Gucci-Handtascherl» wegtun.
- Besondere Diät: Bis heute verzichtet die Österreicherin auf den Konsum von Obst und Gemüse. Sie gebe seit ihrer Kindheit Fleisch und Teigwaren den Vorzug und sei damit immer gut gefahren.
- Brisante Liaison: Liiert ist Venier mit Abfahrtsspezialist Christian Walder. Pikant: Dieser war bis vor gut zwei Jahren während fast einer Dekade mit Teamkollegin Cornelia Hütter zusammen.
Die Krux mit den Knien
In St. Anton vor rund 3 Wochen hatte die 31-Jährige angedeutet, was möglich wäre. Zweite wurde sie im Super-G, Fünfte in der Abfahrt. Die weiteren Ergebnisse waren eher enttäuschend. Venier hatte schon zuvor Jahre der Dürre durchgemacht, mit einem Rücktritt geliebäugelt. Doch sie, die wie viele Athletinnen und Athleten in Österreich eine Ausbildung beim Zoll absolviert hatte, fragte sich selbst: «So alt bin ich auch noch nicht. Was mache ich denn sonst?»
Dann ist da noch die Sache mit den Knien. Chronische Beschwerden lassen keinen normalen Alltag als Skirennfahrerin zu. Die genauen Umstände schafften es nicht an die Öffentlichkeit. Von beschädigten Knorpeln ist die Rede. Vertrauensarzt Christian Fink riet zu einer Operation. Venier entschied sich anders – auch, um nicht auf die Teilnahme an der WM verzichten zu müssen. «Dank Therapien haben wir das Ganze im Griff», sagt sie, die auch das Training anpassen musste. «Da gilt Qualität statt Quantität.»
Auf Quantität verzichtete sie nun in Saalbach auch in Form des weggelassenen Warm-ups, mit Erfolg. Zufall, dass sie diesen Exploit zu Hause feierte, sei es kaum. «Hier sind meine Familie und Freunde. Die österreichischen Fans sind speziell», schwärmt die Tirolerin. Und schiebt nach: «Die Schweizer aber schon auch.» Diese Erfahrung machte Venier vor 8 Jahren, als sie in der WM-Abfahrt 2017 in St. Moritz zu Silber fuhr.
Es war lange ihr grösster Erfolg. Bis Venier nun in Saalbach noch einen drauflegte – und eine ganze Nation erlöste.
Ski-WM Saalbach