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Im grossen SRF-Interview «Ich mache es nur für mich»: Vonns Grossangriff kommt erst noch

Die 40-jährige US-Amerikanerin schnuppert nach dem viel diskutierten Comeback am Podest. Und hat Grosses im Sinn.

Der Super-G von St. Anton: Ein Rennen, das ohnehin schon von Überraschungen geprägt im Sensationssieg von Lauren Macuga mündete, wurde noch einmal richtig spannend. Die Startnummer 31 schickte sich an, mit Abschnittsbestzeit im 3. Sektor die Podestplätze zu attackieren.

Ein Prozent meinte, ich sei verrückt. Mir ist das wurst. Ich mache es für mich, nur für mich.

Diese Nummer 31 trug Lindsey Vonn. Am Ende wurde es in St. Anton Rang 4. Die US-Amerikanerin stellte damit das beste Ergebnis seit ihrem Comeback auf. Und strafte die Kritiker Lügen, die ihre Rückkehr in den Skirennzirkus nach 6 Jahren arg hinterfragt hatten.

«99 Prozent der Leute sagten, sie seien froh, dass ich wieder zurück bin. Sie sind stolz auf mich, dass ich es in meinem Alter mit meinem Körper noch einmal probiere. Das andere Prozent meinte, ich sei verrückt. Mir ist das wurst. Ich mache es für mich, nur für mich», schildert Vonn in Garmisch gegenüber SRF.

Technisch auf dem Höhepunkt ihres Schaffens

Der Rücktritt vom Rücktritt wurde nach ihrer Operation denkbar, erklärt die 40-Jährige. Im Februar 2024 liess sie sich eine Prothese im rechten Knie einsetzen. Ein Jahr zuvor hatte sie sich einen Lebenstraum erfüllt, war in der Nacht die Streif hinuntergebrettert. Doch Vonn merkte: Mit dem geschundenen rechten Knie – unter anderem hatte sie sich einen Kreuzbandriss zugezogen – war wettkampfmässiges Skifahren illusorisch.

Nach der OP merkte die Frau aus dem Bundesstaat Minnesota in ersten Trainings rasch: Das Gefühl ist besser als erhofft, die Stabilität ebenfalls. Doch nicht nur das: «Technisch bin ich vielleicht sogar besser als in meinen letzten Karrierejahren», führt Vonn aus. Der Speed sei ohnehin nie weg gewesen. Und: «Ich hatte so lange Schmerzen, konnte nicht immer Druck aufs rechte Knie geben. Jetzt kann ich das, was ein völlig neues Gefühl ist.»

Fokus auf Olympia-Saison

Sie bereut die Rückkehr nicht, im Gegenteil: «Es macht sehr viel Spass. Ich habe lange gewartet, wieder diesen Speed zu haben. Jeder Tag ist etwas Neues. Ich fühle mich frei in Kopf und Körper. Ich habe keine Schmerzen, empfinde nur Spass.»

Was angesichts der Erkenntnis, dass Vonn bereits wieder mit den Besten mithalten kann, verblüfft, ist folgende Aussage: Sie befinde sich aktuell in einer Art Testsaison, «nächste Saison geht es dann los». Insofern gehe sie noch nicht das volle Risiko ein, entsprechend sei auch der Sturz beim Super-G in Cortina weder körperlich noch mental problematisch gewesen.

Ich bin total happy, ich muss nichts mehr schaffen.

Von aussen war das Vonn-Comeback mitunter mit dem Attribut «überbordende Verbissenheit» versehen worden. Dem widerspricht die Routinierin vehement. Mit WM-Bronze in der Abfahrt 2019 in ihrem letzten Rennen vor dem Rücktritt habe sie ihr perfektes Karriereende schon erlebt: «Ich bin total happy, ich muss nichts mehr erreichen.»

Eine mögliche Olympiamedaille nächstes Jahr in Cortina wäre dann nur noch «die Kirsche obendrauf». Es ist Vonn durchaus zuzutrauen. Ohne Druck, dafür mit Spass und einem belastbaren Knie. Und wenn es so weitergeht, dann mit einer deutlich tieferen Startnummer als der 31.

Ski alpin

SRF zwei, sportlive, 26.1.25, 11:15 Uhr ; 

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