Der Horror-Sturz von Aleksander Kilde war der negative Höhepunkt einer verrückten Lauberhorn-Abfahrt am Samstag. Es war einer von vielen Ausfällen – 12 von 57 Fahrern erreichten das Ziel nicht, 3 weitere verzichteten auf einen Start. Es war auffallend, wie viele Athleten nur mit Mühe einen Sturz verhindern konnten.
Die FIS muss sich überlegen, ob man in Wengen wirklich noch einen Speed-Event mehr haben will.
Da drängt sich die Frage auf: War das Programm in Wengen zu viel des Guten? Immerhin standen der längste Super-G und die längste Abfahrt des Winters auf dem Programm. Dazu die Ersatz-Abfahrt von Beaver Creek am Donnerstag. «Es ist eine brutale Belastung», sagt Niels Hintermann nach der Original-Abfahrt am Samstag. Der Super-G beispielsweise war länger als die verkürzte Abfahrt vom Donnerstag und fast gleich lang wie jene in Bormio.
Nicht nur die Rennen, auch die Tage sind sehr lang
Für die Athleten stehen in Wengen aber nicht nur lange Rennen auf dem Programm. «Auch die Tage sind sehr lang. Sie beginnen für die Fahrer ja nicht erst mit dem Rennen und enden nicht unmittelbar danach. Es ist viel, ein Mammut-Programm», ordnete SRF-Experte Beat Feuz ein.
Es gilt in Zukunft absolut zu vermeiden, 3 Speed-Events in Serie am gleichen Ort durchzuführen.
Der Schangnauer stellt gleichzeitig die Frage in den Raum, ob 3 Speed-Rennen in Wengen überhaupt sinnvoll sind: «Man muss froh sein, dass Wengen das organisiert hat, aber die FIS muss sich überlegen, ob man in Wengen wirklich noch einen Speed-Event mehr haben will. Soll man das den Wengenern überlassen? Oder vielleicht eher einen Ort suchen, wo rundherum ein bisschen weniger ‹Tamtam› stattfindet?»
In Zukunft müsse die FIS deshalb in seinen Augen eher andere Orte finden, wo ein zusätzliches Speed-Rennen durchgeführt werden kann. Der angesprochene Markus Waldner, Renndirektor bei der FIS, will seine Lehren ziehen und kündigte am Abend an, dass es in Zukunft «absolut zu vermeiden sei, 3 Speed-Events in Serie am gleichen Ort durchzuführen. Weil das für den Grossteil des Starterfeldes wirklich zu heavy ist.»
Der Südtiroler hält aber auch dagegen und verlangt, dass man bei der Aufarbeitung differenzieren müsse. «Man muss die Fakten auf den Tisch legen und darf die Sachen nicht miteinander vermischen.»
- So sei der Sturz von Alexis Pinturault am Freitag sicher nicht auf die Müdigkeit zurückzuführen.
- Hingegen räumt er ein, dass bei diesem vollen Programm Kilde am Samstag nicht der Einzige gewesen sei, der überfordert war.
Von Anfang an ein überladener Kalender
Waldner ist es wichtig, nochmals zu betonen, wie das Nachholrennen überhaupt zustande gekommen ist. Zu Saisonbeginn seien witterungsbedingt 5 Speed-Bewerbe in Serie weggebrochen. Die Athleten seien dann jeweils die ersten, die sich nach Ersatzterminen erkundigen würden. «Die Entscheide werden immer gemeinsam gefällt, und es werden Rennen dort nachgeholt, wo es am meisten Sinn macht.»
Zudem gelte es zu bedenken, dass der Kalender von Anfang an total überladen gewesen sei. «13 Abfahrts-Rennen waren angesagt. Das hatten wir noch nie. Stattdessen waren pro Saison bislang maximal 10 Abfahrten im Programm.»
Getrübte Freude bei Odermatt
Der ganzen Polemik zum Trotz feierte Marco Odermatt am Samstag zwar einen grossen Sieg – doch seine Freude wurde durch den Sturz von Kilde (einmal mehr) getrübt. Denn schon sein Triumph am Donnerstag war von Marco Kohlers Sturz überschattet worden. «Leider ist der Sieg wieder mit gemischten Gefühlen verbunden», sagte Odermatt denn auch nach seinem Triumph am Samstag.
Aus dem Lager des verunfallten Norwegers mochte man am Samstagabend auch nicht in die laut gewordene Kritik miteinstimmen. So sagte Michael Rottensteiner vom norwegischen Trainerstaff: «Wir haben alle zusammen den Nachholtermin unterstützt.» Also müsse man sich beim lokalen OK bedanken und könne nun nicht im Nachhinein verurteilen.