Weltweit über drei Millionen Leute um den Finger gewickelt. Dabei sicher vier, je nach Schätzung aber sogar 15 Milliarden Euro erbeutet. Wie geht das?
Ruja Ignatova gelang dieser Coup mit gleichermassen einfachen wie perfiden Mitteln. 2014 kreierte sie die Cryptowährung OneCoin.
Ignatovas einfache Botschaft: «Du hast die erste Crypto-Welle einfach verpasst? Kein Problem. OneCoin ist deine zweite Chance. Nutze sie!»
Für 5000 Euro verkaufte Ignatova sogenannte «Bildungspakete» à 60'000 OneCoin-Tokens. Der Wert dieser Tokens wurde mit vier Euro veranschlagt. Man rechne: 60'000 mal 4 = 240'000. Die investierten 5000 Euros erfuhren also eine fast 50-fache Wertsteigerung.
Besitzer von Paketen konnten diese verkaufen und von da an bei jedem weiteren Verkauf mitprofitieren. So wurde die Gier der Leute geweckt. Doch warum übersahen sie, einem klassischen Schneeballsystem auf den Leim zu gehen? Ausserdem hatte OneCoin nur virtuell einen Wert, ausschliesslich in Ignatovas Unternehmen.
Wie ein Gottesdienst
Der deutsche Wirtschaftsjournalist Philipp Bovermann sagt: «Dass OneCoin so viel Erfolg hatte, lag am Vertriebsmodell. Man kann sich das so vorstellen wie eine Tupperware-Party – aber vor 10'000 Leuten, wie ein Konzert oder gar Gottesdienst.»
Tatsächlich füllte Ignatova sogar die Londoner Wembley Arena. Besonders erfolgreiche Investoren erhielten an Verkaufs-Events wie diesem iPads oder Rolex-Uhren geschenkt.
Und der faule Zauber wirkte: 2016 fanden 88'000 Überweisungen auf OneCoin-Konten in Deutschland statt – im Wert von 320 Mio. Euro.
Dabei handelte es sich nur um einen Bruchteil des gesamten Ertrags von OneCoin, denn Konten hatte das Unternehmen überall auf der Welt.
Vereinzelt wurden Investoren auch tatsächlich Gewinne ausbezahlt. Doch die glamouröse Fassade begann zunehmend zu bröckeln. Kritische Stimmen wurden laut, und die Behörden verschiedenerer Staaten nahmen Ignatova ins Visier.
Im Oktober 2017 verschwand Ruja Ignatova – sprichwörtlich. Seither fehlt von ihr jede Spur. Manche vermuten sie in Dubai, andere fragen sich, ob ihr Milliardenbetrug sie das Leben gekostet hat.
Heute findet man die Bulgarin, die mit neun Jahren nach Deutschland kam, nur noch auf der FBI-Top-10-Liste der Meistgesuchten – Seite an Seite mit Kartellbossen, Entführern und Mördern.
Mit Ignatova verschwanden auch die gigantischen Gewinne ihrer Firma. Zurück blieben Massen von teils um ihr ganzes Geld gebrachten Kleinanlegern.