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Bakterien als Kulturgut Schweizer Käse: Das Geheimnis des einzigartigen Geschmacks

Im Gegensatz zu Industriekäse schmeckt Schweizer Käse unverwechselbar. Warum ist das so? Bakterien, die dafür verantwortlich sind, hüten Forschende von Agroscope wie einen Schatz. Aus gutem Grund: Sie sind nicht nur wichtig für die Gesundheit des Käses, sondern auch des Menschen.

«Diese Bakterien sind sehr wertvoll», erklärt der Mikrobiologe Noam Shani von Agroscope. Rund 12'000 tiefgefrorene und gefriergetrocknete Milchsäurebakterien lagern hier in Liebefeld, Shani bewahrt und erforscht sie. Diese Mikroorganismen sind verantwortlich für den unverwechselbaren Geschmack des Schweizer Käses.

Bis in die 70er Jahre hatte noch jede Käserei ihre eigenen Milchsäurebakterienkulturen. Zu dieser Zeit sammelten Mikrobiologen des landwirtschaftlichen Forschungszentrums Agroscope Molke aus den besten Schweizer Käsereien und isolierten daraus die Bakterien.

Heute ist diese Sammlung ein wertvolles Schweizer Kulturgut, denn viele Käsereien sind verschwunden. Die Schweizer Milch- und Käseproduktion werde immer hygienischer, so der Experte Shani. Dadurch würden nicht nur unerwünschte Bakterienarten, sondern auch immer mehr dieser wertvollen Bakterien verloren gehen.

Jeder Käse hat eine eigene Bakterienmischung

Heute stellt Agroscope verschiedene Rohmischkulturen für die Käsereien her und schöpft dabei aus dem Fundus einer diversen Bakteriensammlung. Rund 90 Prozent der Schweizer Käsereien beziehen diese Bakterienmischungen bei Agroscope. Käsereien, die nach AOP-Standard produzieren, sind teils sogar dazu verpflichtet, um die Qualität zu sichern.

Gruyère zum Beispiel hat eine andere Mischung als Emmentaler oder Sbrinz. «Diese Biodiversität ist weltweit einzigartig», sagt Christoph Kohn, der Leiter der Kulturenproduktion bei Agroscope.

Eine Frau hält einen Laib Käse in den Händen.
Legende: Einstein Moderatorin Kathrin Hönegger mit einem Laib Käse. SRF

Auf dem Weltmarkt der Käsekulturen gebe es nur wenige Kulturen, unter anderem deshalb schmeckt Industriekäse überall etwa gleich. Je vielfältiger die Bakterienstämme, desto aromatischer der Geschmack.

Die Rohmischkulturen von Agroscope gehen nur an Schweizer Käsereien, ausländische hingegen können sie nicht beziehen. Wer sie weitergibt, wird bestraft.

Viele Bakterien sind gesund für den Darm

Neben dieser Vielfalt der Bakterien-Kulturen ist auch die Biodiversität der Rohmilch charakteristisch für die Schweiz. Weil Rohmilchkäse im Herstellungsprozess nicht so stark erhitzt wird, bleiben viele Rohmilch-Bakterien am Leben und haben einen positiven Einfluss auf die Gesundheit.

«Viele verschiedene Bakterien sind einerseits wichtig für die Gesundheit des Käses, da sie gemeinsam schädliche Keime im Käse besser abwehren können», erklärt Forschungsgruppenleiter Käsekulturen Remo Schmidt.

Es konnte nachgewiesen werden, dass viele unterschiedliche Bakterien im Käse einen positiven Einfluss auf eine gesunde Darmflora haben.
Autor: Remo Schmidt Forschungsgruppenleiter Käsekulturen Agroscope

Sie seien aber auch sehr nützlich für die Gesundheit des Menschen. «Es konnte nachgewiesen werden, dass viele unterschiedliche Bakterien im Käse einen positiven Einfluss auf eine gesunde Darmflora haben.

Viele unterschiedliche Mikroorganismen helfen auch mit, das Immunsystem zu trainieren, deshalb haben sie auch längerfristig einen wichtigen Einfluss auf unsere Gesundheit.»

Warum hat der Emmentaler immer weniger Löcher?

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Der Schweizer Emmentaler hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Sein wichtigstes Markenzeichen verschwindet: Er hat immer weniger Löcher. Warum? Das wollten auch Forschende bei Agroscope wissen.

Verschiedene Versuche ergaben, dass die grossen Löcher im Emmentaler jeweils durch mikroskopisch kleine Verunreinigungen entstehen. Technische Fortschritte, wie geschlossene Melksysteme und Hygienestandards haben also dazu geführt, dass die typischen Löcher im Emmentaler immer weniger wurden.

Forschende konnten zeigen, dass die Zugabe von kleinsten Mengen an Heublumenpulver reicht, um mehr Löcher zu generieren.

SRF 1, Einstein, 9.1.2025, 21:05 Uhr

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