Der kleine Stein wirkt wie ein Schatz in den Händen des Archäologen Urs Leuzinger aus dem Kanton Thurgau. Den «Netzsenker» haben die Archäologinnen und Archäologen entdeckt, als sie Steinhügel im Bodensee akribisch untersucht haben. Zwischen der Jungsteinzeit und dem Mittelalter wurde der Stein zum Beschweren der Fischernetze verwendet.
Wie lange der «Netzsenker» schon hier bei den Steinhügeln liegt, weiss aber niemand. Es sind kleine Puzzleteile, die den Wissenschaftlern helfen, das Rätsel um die mysteriösen Strukturen am Grund des Bodensees zu lösen.
2013 haben die Forschenden die seltsamen «Bauten» am Grund des Bodensees entdeckt und rätseln seither: Wann entstanden diese 170 Steinhügel? Klar ist: Sie wurden von Menschen erbaut. Das haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unzähligen Tauchgängen bewiesen. Doch warum haben Menschen die Mühe auf sich genommen, dieses Bauwerk zu erschaffen? Wozu das Ganze?
Neue Funde
Am bayrischen Ufer des Bodensees haben Archäologen ebenfalls Steinfladen entdeckt. Es sind aber nicht die einzigen: Auch im Zugersee gibt es Steinhügel.
«Wie viele Hügel wir verloren haben, wissen wir nicht. Denn einige sind sicher auch zerstört worden, weil Kies abgegraben wurde.», so der Archäologe Jochen Reinhard vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Zug.
Anders als im Bodensee liegen die Steinhügel im Zugersee nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche. In den Jahren 1591 und 1592 wurde das Wasser im See abgesenkt. Die Menschen wollten in Ufernähe mehr Land gewinnen. Dadurch sind auch die Hügel näher an die Wasseroberfläche gerückt.
Unerkannte Strukturen
Mit den neuen Funden ist klar: Es ist ein Phänomen, dass sich auch in anderen Schweizer Seen zeigt. «Lange hat man gar nicht erkannt, dass die Hügel einen Zweck haben könnten, obwohl die Hügel schon lange bekannt sind», sagt Jochen Reinhard.
In Zug ist der Steinhügel Cham-Eslen schon seit über hundert Jahren bekannt. Der Chamer Ingenieur Max Bütler hat ihn in seinen Beobachtungen 1929 beschrieben. Max Bütler ging noch davon aus, dass es sich um Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit handelte.
Mitte der 90er-Jahren haben Taucharchäologen den Hügel Cham-Eslen wegen der drohenden Erosion komplett ausgegraben. Unter den Steinen kam eine Fischerhütte zum Vorschein, die 6000 Jahre alt ist.
Damals haben die Archäologinnen und Archäologen dem Steinhügel, der oben drauf lag, keine grosse Bedeutung zugemessen. Der Fund der Fischerhütte beweist aber: Das Phänomen Steinhügel ist sicher nicht älter als 6000 Jahre.
Rätsel noch nicht gelöst
Heute werden die Hügel mit neuen Augen angeschaut. Jochen Reinhard geht am ehesten von Anlagen für Laichhabitate für Fische aus.
Dem steht der Thurgauer Archäologe Urs Leuzinger mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Haben die Menschen früher wirklich 170 Steinhügel von Hand an Ufernähe gebaut, um besser fischen zu können? Ausschliessen will er es nicht, aber der finale Beweis, was es mit den Steinhügeln auf sich hat, der fehlt noch.