Der berüchtigte «Spitalkäfer» MRSA hat in den letzten drei Jahrzehnten die meisten Menschenleben gefordert. Zu diesem Schluss kommen die Autorinnen und Autoren einer neuen Studie im Fachblatt «The Lancet».
MRSA, kurz für methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, war bis vor wenigen Jahren auch das Sorgenkind in Schweizer Spitälern. 2010 wurden in der Schweiz noch mehr als Tausend Infektionen mit diesem Erreger nachgewiesen. Etwa jede fünfundzwanzigste infizierte Person starb daran.
Heute sei die Situation deutlich besser, sagt Andreas Kronenberg. Er ist Infektiologe und leitet das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen . «Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte, wie das hierzulande zurückgegangen ist über die letzten 20 Jahre. Unter anderem dank Massnahmen im Bereich Spitalhygiene, Händehygiene-Kampagnen, frühe Diagnostik und Isolation von infizierten Menschen.»
Gefahr multiresistenter Bakterien nicht gebannt
Doch MRSA fordert weiterhin viele Todesopfer - insbesondere in einkommensschwachen Ländern, wo die Menschen oftmals kein sauberes Wasser zur Verfügung haben, das Gesundheitssystem wenig ausgebaut ist oder auch das Wissen fehlt, wie Antibiotika am Besten verwendet werden sollen. Hinzu kommt, dass insbesondere eine neue Gruppe multiresistenter Erreger weltweit auf dem Vormarsch ist: Bakterien, die unter anderem im Darm von Tieren und Menschen leben, und sich gegen eine breite Palette von Antibiotika wehren können.
Diese Bakterien - Fachleuten bezeichnen sie mit dem Kürzel CPE (Carbapenemase-produzierende Enterobakterien) - seien sehr resistent, sagt Infektiologe Andreas Kronenberg: «Sie sind sehr schwierig zu behandeln. Zum Glück wurden sie in der Schweiz bis jetzt selten nachgewiesen». Doch in anderen Ländern sind diese hochresistenten Erreger bereits weiter verbreitet. Zu den Hotspots zählen Indien, die Türkei, Griechenland und Italien .
Resistente Bakterien im Gepäck
Reisende, die aus dem Ausland zurück in die Schweiz kommen, können hochresistente Keime mitbringen, beispielsweise im Magen-Darm-Trakt. Fachleute empfehlen denn auch, die Ärztin über Auslandreisen zu informieren, falls jemand ins Spital muss. So können diese gefährlichen Keime früher erkannt und ein Patient besser versorgt werden.
Infektiologe Andreas Kronenberg: «Der Import hochresistenter Keime ist wirklich ein Problem. Die Schweiz ist hier aktuell noch eine glückliche Insel. Aber das können wir nicht aufrechterhalten mit der hohen Populations-Mobilität.»
Globales Problem
Antibiotikaresistente Bakterien sind ein globales Problem. Die UN-Vollversammlung hat darum vergangene Woche eine neue Deklaration verabschiedet. Das Ziel: den Antibiotikaverbrauch global zu senken, sodass weniger resistente Bakterien entstehen - und auch weniger Menschen an gefährlichen Infektionen sterben.
In einigen Punkten hätte die Deklaration durchaus ehrgeiziger ausfallen können, schreibt das Bundesamt für Gesundheit auf Anfrage von SRF. Doch insgesamt sind sich die Fachleute einig: ohne globalen Effort werden resistente Bakterien jedes Jahr mehr Menschenleben fordern - früher oder später auch in der Schweiz.