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Impfschäden: Wie gut wissen wir Bescheid?
Aus Rendez-vous vom 27.05.2024. Bild: Keystone / Ennio Leanza
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Covid-Impfung Wie gut weiss die Wissenschaft über Impfnebenwirkungen Bescheid?

Das Bundesamt für Gesundheit hat bisher keinen Antrag auf Anerkennung von Impfschäden positiv beschieden. Wie gut sind Nebenwirkungen wissenschaftlich verstanden? Fünf Fragen an Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.

Katrin Zöfel

Katrin Zöfel

Wissenschaftsjournalistin

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Sie ist Biologin und versucht zu verstehen, wie die Wissenschaft helfen kann, Antworten auf gesellschaftlich wichtige Fragen zu finden.

Schliesst sich die Wissenschaft dem BAG an, es gibt keine Impfschäden?

Nicht wirklich. Dass es zu sehr seltenen, sehr schweren Nebenwirkungen nach der Impfung kommt, ist wissenschaftlich unumstritten. Statistisch gesehen ist klar, dass es eine gewisse Anzahl schwerer Impfschäden auch in der Schweiz geben muss. Etwas schwerer ist die klare Zuordnung bei einer einzelnen Person, das ist ja auch ein Argument der Behörde. Aber dass es bisher keinen einzigen offiziell anerkannten Impfschaden in der Schweiz gibt, passt nicht wirklich zu dem, was wissenschaftlich erwartbar ist.

Dann hat man die Nebenwirkungen von der Wissenschaftsseite her ganz gut verstanden?

Was die Häufigkeit bei den sehr schweren Nebenwirkungen angeht, weiss man relativ gut Bescheid. Teilweise auch wie die sehr schweren Nebenwirkungen entstehen. Schlechter erfasst sind Nebenwirkungen, die spürbar sind, auch medizinisch relevant, aber nach zwei, drei Monaten wieder abklingen. Drei Monate Fatigue zum Beispiel, oder sechs Wochen starke Urticaria, also Nesselfieber. Hier ist zwar auch klar, dass es die gibt – es hat ja auch viel zu reden gegeben –, aber wie oft es das gab, das ist nicht so gut untersucht wie bei den sehr schweren Nebenwirkungen.

Stimmt also die Wahrnehmung, dass die Nebenwirkungen nicht ausreichend untersucht waren?

Aus Expertensicht waren solche, weniger schweren Nebenwirkungen erwartbar, auch in der Häufigkeit, wie es jetzt der Fall war. Da ist keiner überrascht von dem, was sich jetzt gezeigt hat. Aber es hat etwas Anderes gefehlt: Von Impfnebenwirkungen, die über ein paar Tage Kopfweh oder Fieber hinausgehen, und einen schon spürbar beeinträchtigen können, war in der Impfkampagne praktisch nicht die Rede. Entsprechend viele hat das auch überrascht und irritiert. Und ja, die Dunkelziffer bei diesen spürbaren, aber nicht sehr schweren Nebenwirkungen, die dürfte hoch sein.

Die Zulassungsbehörde Swissmedic lässt Meldungen von Betroffenen zu, nicht mehr nur von Ärzten. Jeder kann online Nebenwirkungen angeben. Hilft das, um ein klareres Bild zu bekommen?

Bedingt. Was wirklich helfen würde, wären systematische Studien, die aufzeigen, wie häufig solche Nebenwirkungen tatsächlich sind, wer sie bekommt, und vor allem auch, wie lange sie dauern. Das wären wertvolle Informationen für die Betroffenen. Hier gibt es zwar gute Informationen, die in anderen Ländern gesammelt wurden. In den Niederlanden, in Grossbritannien, Dänemark, dort gibt es entweder jeweils Impfregister, oder man hat Informationen aus verschiedenen Datenbanken geschickt miteinander verknüpft. In der Schweiz wird das kaum untersucht, und vielleicht auch – nach wie vor – zu wenig kommuniziert.

Kann man die Impfung dann als sicher bezeichnen?

Aus Expertensicht ja, weil das Sicherheitsprofil immer noch sehr gut ist. Was man da aber mitdenken muss: Was Experten unter «sicher» verstehen, ist eher ein «sicher genug». In Fachkreisen ist klar: Medikamente, die eine Wirkung haben, haben auch Nebenwirkungen, immer. – Dass «sicher» in Bezug auf Impfstoffe nicht «absolut sicher» bedeutet, sondern «sicher genug», das könnte man in Zukunft schon mehr mit kommunizieren, wenn man in Bezug auf Medikamente oder Impfstoffe von «sicher» spricht.

Rendez-vous, 27.05.2024, 12:30 Uhr ; 

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