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Geschönte Forschung Betrug in Parkinson-Studien? Vorwürfe gegen Star-Forscher

Ein erheblicher Teil der Studien eines US-Neuroforschers ist womöglich gefälscht. Das zeigt eine Recherche des Science-Magazins. Betroffen sind vor allem seine Arbeiten zu Parkinson.

Unter Neurowissenschaftlern und Neurowissenschaftlerinnen machte die Nachricht extrem schnell die Runde. «Ich sass grade am Flughafen, kam von einer Konferenz zurück, und sah auf X, dass Eliezer Masliah betrogen haben soll», erzählt Daniela Noain, eine Parkinsonforscherin am Universitätsspital Zürich. «Ich konnte es kaum glauben.» Der US-Amerikaner Masliah, sagt sie, gehört seit Jahrzehnten zu den Stars unter Parkinson- und Alzheimerforschern weltweit: «Hat dieses Idol wirklich derart betrogen? Und: Wie konnte das so lange unentdeckt bleiben?»

Eliezer Masliah – führender Parkinson- und Alzheimerforscher

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Eliezer Masliah spricht und gestikuliert.
Legende: Keystone

Er stammt aus Mexiko, kam als junger Forscher nach Kalifornien, und etablierte sich an der University of California, San Diego. Er galt bald als ein besonders produktiver, ideenreicher Wissenschaftler und veröffentlichte rasch viele Studien.

In der Alzheimer- und Parkinsonforschung war er massgeblich an neuen Theorien zur Krankheitsentstehung und an der Entwicklung neuer Therapieansätze beteiligt, unter anderen Antikörpertherapien und Impfungen. Seine Arbeiten legten die Grundlage dafür, dass Alpha-Synuclein heute als wichtiger Faktor bei der Entstehung von Parkinson gilt und als möglicher Angriffspunkt für Therapien dient.

Laut einer Recherche des Magazins «Science» enthalten 132 von Masliah’s über 800 Studien Abbildungen, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie manipuliert wurden. Die älteste dieser Studien stammen aus dem Jahr 1997, die jüngsten aus dem Jahr 2023.

Parkinsonforschung betroffen

Die 132 auffälligen Veröffentlichungen betreffen laut der «Science»-Recherche Masliah’s Arbeiten zu Parkinson, nicht zu Alzheimer.

Das Science-Magazin hat zusammen mit Forensikern ein detailliertes 300-seitiges Dossier mit den Rechercheergebnissen zusammengestellt und elf Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um ihre Einschätzung gebeten.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Masliah nichts gewusst hat.
Autor: Tim Greenamyre Institut neurodegenerative Erkrankungen, Universität Pittsburgh

Einer davon ist Samuel Gandy, ein renommierter Neurologe am Mount Sinai Alzheimer's Research Center. Das Science-Magazin zitiert ihn wie folgt: «Ich bin am Boden zerstört! Das sind hunderte manipulierte Bilder. Das ist Manipulation über Jahrzehnte hinweg.»

Sein Kollege Tim Greenamyre, Direktor am Institut für neurodegenerative Erkrankungen an der Universität von Pittsburgh, der das Dossier ebenfalls gesehen hat: «Das ist derart lange gegangen, und betrifft derart viele verschiedene Kooperationspartner: Ich kann mir kaum vorstellen, dass Masliah nichts gewusst hat.»

Klinische Studien fussen auf Masliah's Arbeit

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Unter den Arbeiten, in denen Auffälligkeiten gefunden wurden, sind auch Studien, die zur Entwicklung eines Wirkstoffs gegen Parkinson beigetragen haben. Der Wirkstoff wird inzwischen in klinischen Studien an Menschen getestet. Auch die Pharmafirma Roche ist an diesen Studien beteiligt.

Auf Nachfrage heisst es von Roche, man habe selbst erst durch die Recherchen des Science-Magazins von den Betrugsvorwürfen erfahren. Ihre klinischen Studien (Padova und Pasadena) basieren jedoch nicht nur auf Masliah's Arbeit, sondern auf zahlreichen weiteren Quellen. Die Daten zur Sicherheit des Wirkstoffes stammten von mehr als 500 Parkinson-Patienten.

Daniela Noain von der Universität Zürich hat wie die meisten ihrer Kollegen und Kolleginnen weltweit das vollständige Dossier noch nicht gesehen, nur die Ausschnitte, die «Science» veröffentlicht hat. Ohne weitere Details sei es kaum möglich abzuschätzen, sagt sie, ob und wieviel seiner Forschung man nun anzweifeln müsse.

Wie gravierend ist der Betrug?

«Forschung baut ja immer auch auf den Erkenntnissen anderer auf, arbeiten mit dem weiter, was andere herausgefunden haben», sagt Noain. Grundlegende Annahmen, die auch aus Masliah's Arbeiten stammen, seien von anderen inzwischen längst vielfach bestätigt. «Wenn etwas grundlegend falsch gewesen wäre, hätten wir das gemerkt.» In ihren Augen ist noch offen, inwieweit der mögliche Betrug wissenschaftliche Annahmen zu Alzheimer und Parkinson in Frage stellt. «Ich möchte mir das genau anschauen.»

Nun sei es entscheidend, dass Arbeitgeber und Geldgeber von Eliezer Masliah sorgfältig prüfen, wie weit die Betrugsvorwürfe tatsächlich reichen. Das National Institut of Health gibt in einer Stellungnahme bekannt, bisher in zwei Studien Unregelmässigkeiten gefunden zu haben, und dass Masliah nicht länger Direktor der Hirnforschung am National Institute of Ageing sei.

Radio SRF 4 News, Wissenschaftsmagazin, 10.10.2024, 5:30 Uhr

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