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Strategien gegen das Bettnässen
Aus Puls vom 19.11.2012.
Bild: imago images abspielen. Laufzeit 16 Minuten 56 Sekunden.

Gestörte Blasenentleerung Bettnässen behandeln: Mit Alarm und Hormonen trocken werden

Bettnässer haben es schwer. Fliegt ihr Geheimnis auf, werden sie von Freunden ausgelacht, in der Schule gemobbt und von ihren Eltern unter Druck gesetzt. Dabei erledigt sich das Problem bei den meisten von allein.

Lange Zeit glaubten Mediziner und Laien, die Psyche sei schuld daran, dass das Kind nachts nicht trocken werde. Wer etwas dagegen tun wollte, ging mit ihm zum Psychiater.

Diese Meinung ist auch heute noch weit verbreitet. Doch die Psyche ist höchstens bei 15 bis 20 Prozent der Betroffenen schuld – und in der Regel nur dann, wenn das Kind nach einer «Trockenperiode» wieder erneut anfängt, einzunässen.

Rund 70'000 Kinder, die älter als fünf Jahre sind, nässen ihr Bett wegen körperlichen Ursachen: Sie leiden an einer Reifestörung oder Reifeverzögerung der Blasenentleerung. Diese wird meistens von einem oder beiden Elternteilen vererbt.

Spätere Entwicklung und fehlendes Hormon

Ein Säugling entleert seine Blase etwa 20 Mal pro Tag. Erst mit drei Jahren schaltet sich das Hirn in diesen Mechanismus ein und das Kind kann das Entleeren aktiv steuern. Beim Bettnässer findet diese Entwicklung viel später statt.

Hinzu kommt das Fehlen des Antidiuretischen Hormons (ADH). Dieses Hormon regelt den Wasserhaushalt im Körper und bewirkt, dass die Nieren in der Nacht nur halb so viel Urin produzieren.

Bei einem Teil der Bettnässer-Kinder wird dieses Hormon zu wenig produziert, weshalb sich ihre Blase viel schneller füllt und häufiger entleert werden muss.

Eine Tablette, und das Problem ist gelöst

Das fehlende natürliche ADH lässt sich medikamentös ersetzen. Eine Tablette abends, und das Bettnässen verschwindet in drei von vier Fällen.

Für einen Teil der Kinderärzte ein sinnvolles Mittel, das über mehrere Monate oder Jahre verabreicht und langsam abgesetzt wird. Für die anderen ein Medikament mit Risiken: Trinkt der kleine Patient nach der Einnahme Flüssigkeit, besteht die Gefahr einer Wasservergiftung, von Krampfanfällen oder epileptischen Anfällen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Hirnschlag. Jedoch nicht bei sachgerechter Anwendung.

Ausserdem: Werde das Medikament abgesetzt, sei das Bettnässen wieder da, mahnen die Hormon-Gegner.

Alarm mitten in der Nacht

Deshalb propagieren viele Pädiater eine harmlosere Methode: den Weckapparat. Das Gerät wird vor dem Schlafengehen in die Hose gesteckt. Wenige Tropfen Urin genügen, und der Apparat reagiert mit einem akustischen oder Vibrations-Alarm.

Nach jeder trockenen Nacht gibt es eine kleine Belohnung. So wird das Hirn trainiert, immer dann aufzuwachen, wenn die Blase voll ist. Kinderärzte rechnen mit einem Erfolg bei 60 Prozent der Patientinnen und Patienten.

Bettnässen verursacht psychische Probleme

Auch ohne Therapie würden 99 Prozent der Kinder den Reifeprozess der Blase irgendwann nachholen. Doch bis es so weit ist, leiden die Bettnässer. Die Kinder verlieren ihr Selbstwertgefühl, schämen und isolieren sich. Und es besteht die Theorie, dass das Bettnässen chronisch werden kann.

800 Menschen in der Schweiz nässen noch im Erwachsenenalter ihr Bett. Das Problem nach so vielen Jahren anzugehen, wird schwierig, sind sich die Experten einig.

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