«Viele Präparate, die wir heute täglich brauchen, stammen aus dem Boden», sagt Manfred Fankhauser begeistert. Er ist Apotheker in Langnau und interessiert sich leidenschaftlich für die Geschichte von Medikamenten, die ihren Ursprung in der Natur haben.
In der Apotheke von Manfred Fankhauser stossen wir schnell auf Präparate, die den Boden in sich haben: «Anliker Lehm», «Essigsaure Tonerde» und ähnliche. Boden nimmt man also noch heute ein, gegen Magenschleimhautentzündungen oder Magenbrennen, oder man streicht ihn auf die Haut, um Sonnenbrand oder Wunden zu verarzten.
«Bereits im Trojanischen Krieg in der Antike wurde Lehm gebraucht, um Wunden zu behandeln», erklärt Manfred Fankhauser, «man versah das Präparat sogar mit einem Gütesiegel – ‹Terra sigillata› – damit man dem Original sofort die Originalität ansah.»
Dreck rettet Leben
Auch einige der wichtigsten Medikamente der Neuzeit kommen aus dem Boden: Penicillin und andere Antibiotika. Der Engländer Alexander Fleming entdeckte bereits 1928, dass Schimmelpilz die Vermehrung von Bakterien einschränkt. Erst 1941 wurde Penicillin zum ersten Mal an einem Menschen ausprobiert und hatte grossen Erfolg.
«Heute rettet Penicillin täglich tausenden Menschen das Leben. Etwas, wofür unsere Vorfahren vor Jahrzehnten noch viel Geld ausgegeben haben, ist heute ein sehr günstiger Stoff geworden. Und er ist in Verruf geraten: Heute spricht alles über die Antibiotikaresistenz.» Vielleicht sollten wir wieder einmal im Boden nach anderen antibiotischen Stoffen graben gehen, meint der Apotheker.
Dreck macht schön
Nicht nur Medikamente kommen aus dem Boden, auch Gifte hat es da mehr als genug. Der giftigste natürliche Stoff heisst «Botulinumtoxin», besser bekannt unter dem Handelsnamen «Botox».
«Das Bakterium führte früher zu vielen Vergiftungen. Gleichzeitig traten unter anderem auch Lähmungen auf. Also verwendete man das Gift zuerst, um Muskelkrämpfe, wie Schielen oder Zuckungen, zu lähmen. Heute spritzt man Botulinumtoxin gegen Falten», erklärt Manfred Fankhauser.