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Retinol und Co. Was bringen Anti-Aging-Produkte?

Kann man sich sein Gesicht schön cremen – wenn man nur die richtigen Produkte benutzt? Die «Puls Check»-Ärzte Afreed Ashraf und Willi Balandies wühlen sich durch Studien und machen einen Selbstversuch – mit verblüffendem Effekt.

Was ist pures Marketing, und was ist wissenschaftlich fundiert und wirkt tatsächlich – falls es das überhaupt gibt? Diese Fragen stellen sich im kaum regulierten Markt der Kosmetika und Schönheitsprodukte wohl viele. Influencerinnen und Influencervermitteln auf Social Media, mit den richtigen Produkten und der richtigen «Beauty Routine» könne aus jedem und jeder eine Hollywood-Schönheit werden. 

Schon 12-Jährige sorgen sich heute ums «Aging» ihrer Haut, das es zu verhindern gelte. Doch ob die Cremes und Seren wirklich einen nachweisbaren Effekt haben, lässt sich als Laie kaum eindeutig überprüfen. 

Der Selbstversuch 

Deshalb haben sich die beiden Ärzte des SRF-Formats «Puls Check», Studienlage genauer angeschaut: «Als angehender Dermatologe bin ich wie viele in meiner Zunft eher skeptisch, was Kosmetika betrifft», sagt Willi Balandies, der zusammen mit seinem Kollegen Afreed einen zweimonatigen Selbstversuch startet, um sich von der (Un)Wirksamkeit der Beauty-Produkte zu überzeugen «Bisher verwende ich Wasser, eine Feuchtigkeitscreme und täglich Sonnencreme. Das ist alles.»

Allerdings gibt es einige Wirkstoffe, die gemäss Studien durchaus eine Anti-Aging-Wirkung entfalten können: zum Beispiel Retinol (Vitamin A), Niacinamid (Vitamin B3) und Vitamin C.

Diese drei Wirkstoffe sind in vielen Produkten vorhanden – meist ist jedoch unklar, in welcher Konzentration oder in welchem Verhältnis. «Deshalb tragen wir für den Selbstversuch die einzelnen Wirkstoffe in ihrer reinen Form beziehungsweise als konzentriertes Serum auf», erklärt Afreed Ashraf. Wer auf die Inhaltsstoffe setzt, ist ausserdem unabhängig von einer bestimmten Marke – und fährt so unter Umständen günstiger.

Wirkstoff-Konzentrationen in Studien

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In Studien wurden die erwähnten Wirkstoffe oft in den folgenden Konzentrationen eingesetzt: 

  • Retinol / Vitamin A: 0.1 bis 1 Prozent 
  • Niacinamid / Vitamin B3: 2 bis 5 Prozent 
  • Vitamin C: 3 bis 10 Prozent 

Wer die reinen Wirkstoffe applizieren möchte, sollte sich grundsätzlich an diese Konzentrationen halten. Ausserdem empfiehlt es sich, mit der Behandlung langsam zu beginnen (ein- bis zweimal in der Woche) und die Häufigkeit zu steigern, wenn die Wirkstoffe gut vertragen werden.

Es können Hautirritationen, Rötungen und allergische Reaktionen auftreten. In diesen Fällen sollte die Behandlung unterbrochen werden. 

Wichtig: «Minderjährige sollten höchstens Sonnencreme benutzen. Solche Wirkstoffe bereits mit zwölf Jahren zu verwenden, ist nicht zielführend», sagt Willi Balandies. 

Gemäss einer neuen EU-Verordnung wird Retinol ab 2025 mit einer Übergangsfrist auf eine Konzentration von 0.3 Prozent beschränkt. 

In Produkten, die ein Wirkstoffgemisch enthalten, sind in der Regel keine problematischen Konzentrationen enthalten.

Vor dem eigentlichen Start des Experiments, erwartet die beiden jungen Ärzte die Konfrontation mit der «ungeschminkten, porentiefen Wahrheit», so Afreed Ashraf: Er lässt sein Gesicht genau wie Willi von einem hochauflösenden Scanner durchleuchten. Jede noch so kleine Unreinheit, jede von blossem Auge noch nicht sichtbare angehende Falte kommt so gnadenlos ans Licht.

Auf dem Scannerbild erkennt Afreed erstmals Falten auf seiner Stirn. Gravierende Hautschäden kommen aber weder bei ihm noch bei Willi zum Vorschein.

Nun geht es los mit sälbele und cremele – zumindest, bis Willi nach einer Woche das Experiment wegen einer Rötung unter dem rechten Auge kurzzeitig unterbrechen muss ... Die verwendeten Stoffe haben seine Haut offenbar zu stark gereizt. 

«Passt bei der dünnen und sehr empfindlichen Haut unter den Augen besonders gut auf», rät er deshalb. Ashraf ist demgegenüber schon nach vier Wochen fast euphorisch: «Vom Gefühl her ist es schon deutlich besser», erzählt er zur Halbzeit des Experiments. 

Nach acht Wochen steht der zweite Haut-Scan an. Bei Willi Balandies zeigt sich eine Reduktion der Stirnfalten, bei Afreed Ashraf haben die Hautunreinheiten deutlich abgenommen. Für beide ein überraschendes Ergebnis. 

Willi Balandies gibt jedoch zu bedenken: «Wenn der Effekt anhalten soll, muss man diesen Aufwand permanent auf sich nehmen.» Ohnehin ist aus seiner dermatologischen Sicht Prävention besser als nachträglich Schadensbegrenzung: «Täglich Sonnencreme ist die beste Anti-Aging-Massnahme.»

Wissen@SRF, 19.02.2025, 18:50 Uhr

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