Heilen mit Nadeln – das Konzept der Akupunktur fasziniert fast genauso stark, wie es Skepsis auslöst. Das gilt auch unter Medizinerinnen und Medizinern.
Wirkung zum Teil belegt
Gemäss aktueller Studienlage ist Akupunktur für manche Anwendungsfälle durchaus wirkungsvoll, zum Beispiel in der Schmerzbehandlung. Für diverse Anwendungsfälle – darunter etwa Rauchentwöhnung oder Kinderwunsch – lässt sich keine Wirkung zeigen.
«Ich habe schon einmal eine Akupunktur-Weiterbildung begonnen. Eine vermasselte Prüfung war dann aber Endstation», erzählt Willi Balandies, einer der beiden jungen Ärzte von «Puls Check». «Ich freue mich schon darauf, dass ich für den Selbstversuch bei Afreed ein paar Nadeln setzen kann», ergänzt er mit maliziösem Lächeln.
Ab zum Selbstversuch
«Im Studium lernen wir, dass Akupunktur beispielsweise bei Schmerzen oder Übelkeit helfen kann», erklärt derweil Afreed Ashraf seine Offenheit für den Versuch.
Dazu kommt sein persönlicher Leidensdruck: «Ich leide seit Monaten unter einer hartnäckigen Schulterverspannung», so Ashraf. Die strengen Spitaldienste gehen nicht spurlos an ihm vorbei. Vom Versuch erhofft er sich im Erfolgsfall Linderung seiner Beschwerde.
Autsch!
Bevor Willi Balandies zur Tat schreitet, lässt er sich von der erfahrenen Ärztin Anita Meyer in die Geheimnisse der Akupunktur einführen. Sie stellt die Diagnose, definiert die Behandlungspunkte und beaufsichtigt Balandies. Als dieser bei Ashraf seine erste Akupunktur-Nadel setzt, ist dieser anfänglich «not amused».
«Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen», erzählt Balandies nach der Behandlung. Afreed Ashraf scheint sich mit der Nadelbehandlung nur noch mehr zu verkrampfen, statt dass sich etwas lösen würde.
Doch nach einer Ruhephase von 20 Minuten sieht es plötzlich anders aus. «Jetzt bin ich endlich runtergekommen. Es hat Klick gemacht», sagt Ashraf nach der Liegephase. Er staunt über seine Entspannung genauso wie der Physiotherapeut, der Ashrafs Beweglichkeit vor und nach der Behandlung misst – und eine spürbare Verbesserung feststellt. Die Verspannung hat sich messbar gelöst.
Kein wissenschaftlicher Beweis
Das Resultat überrascht Ashraf positiv – mit einem so starken Effekt hätte er nicht gerechnet. Ein wissenschaftlicher Beweis ist das freilich nicht: Ashrafs zunehmende Entspannung könnte auch einfach auf den Tagesverlauf, die Ruhephase oder die Erleichterung nach überstandenem Experiment zurückzuführen sein.
«Dieser Fokus auf Messbarkeit wird der Akupunktur sowieso nicht gerecht», kommentiert Ärztin Anita Meyer. Die Akupunktur betrachte den Menschen als Ganzes, nicht alles lasse sich messen und objektivieren.
Ergänzend oder alternativ?
Willi Balandies ergänzt: «Für die Bewertung der Akupunktur sollte man nicht nur die Methode als solche betrachten, sondern auch, in welchem Rahmen sie eingesetzt wird.» Um die Schulmedizin zu ergänzen, könne sie sinnvoll sein. Nur wenn man komplett auf die Schulmedizin verzichten würde, könnte es bei ernsthaften Erkrankungen gefährlich werden. «Etwa, wenn man bei einer Lungenentzündung auf Antibiotika angewiesen ist.»