Das Bevölkerungswachstum steigt nach wie vor an und die Menschen erreichen ein immer höheres Alter. Das sind die zwei Hauptgründe, warum die Zahl der Demenzpatienten bis 2050 weltweit auf fast das Dreifache ansteigen könnte, wie eine Gesundheitsstudie in der Fachzeitschrift «The Lancet Public Health» von 2022 zeigt. Für die Schweiz rechnen Forschende mit mehr als einer Verdopplung.
Wir können etwas dagegen tun
Ein grosser Bericht der Lancet-Kommission aus dem Jahr 2020 hat zwölf modifizierbare Risikofaktoren identifiziert, die für rund 40 Prozent der Demenzfälle weltweit verantwortlich sein sollen. Alles Faktoren, die durch präventive Massnahmen beeinflusst werden können.
Heisst auch, dass wir es teilweise selber in der Hand haben, das Risiko einer Demenz zu reduzieren oder hinauszuzögern. Mögliche Einflussgebiete: Bluthochdruck, Diabetes, Fettleibigkeit, Bewegungsmangel, Rauchen, Mangel an sozialen Kontakten. Neu sind auch Faktoren, wie zum Beispiel Alkoholkonsum oder Luftverschmutzung.
Bereits in jungen Jahren sollte so weit als möglich auf solche Faktoren geachtet werden. Auch das Hirn selbst kann aktiv trainiert werden. Etwa: «Mit anderen Leuten interagieren, sich treffen», sagt der Leiter der Memory Klinik Basel, Marc Sollberger. Soziale Kontakte seien zentral. «Zuhören, versuchen zu verstehen, sich ausdrücken – das trainiert das Hirn.» Aber auch lesen, schreiben oder etwas kreieren fördere die Hirndurchblutung.
Kein Heilmittel – aber Hoffnung
Die aktuell zugelassenen Medikamente ermöglichen lediglich einen besseren Austausch zwischen den Hirnzellen. Durch die Medikamente wird der Spiegel der dafür nötigen Botenstoffe angehoben. So wird die Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit verzögert.
Hoffnung verspricht jetzt aber ein Alzheimer-Medikament, das derzeit von Swissmedic geprüft wird. Neu wird direkt bei der Ursache der Demenzform Alzheimer angesetzt: bei den Proteinen. «Indem es diese Ablagerungen auflöst, wird der Abbau der Zellen verzögert. Und entsprechend nimmt die geistige Leistungsfähigkeit langsamer ab, als wenn man das Medikament nicht nehmen würde», sagt Marc Sollberger. Die Wirkung sei umso grösser, je länger das Medikament eingenommen werde.
Obwohl auch das die Alzheimer-Demenz nur verlangsame und nicht stoppe, sei der Effekt signifikanter als mit bestehenden Medikamenten. Trotzdem sind viele Fachpersonen zurückhaltend. Das Medikament könne auch zu gravierenden Nebenwirkungen, wie Blutungen und Schwellungen im Gehirn, führen.
Gesundheitspolitische Diskussion wird befeuert
Die Zulassung des Medikaments könnte eine Herausforderung darstellen, meint Sollberger. Obschon es ein Meilenstein für die Forschung ist – die Nebenwirkungen und der hohe Preis stellen die Politik vor Probleme. «Das Medikament hilft sicher. Auf der anderen Seite haben wir die Kosten der Medikation. Die Gesundheitskosten steigen, und die finanziellen Mittel sind endlich.» Ein Dilemma, mit dem sich die Politik künftig auseinandersetzen muss
Immerhin: Mit präventiven Massnahmen kann schon heute jeder und jede etwas gegen das Risiko unternehmen, an Demenz zu leiden, und damit der Prognose der Demenz-Verdopplung entgegenwirken.