Plötzlich sind sie wieder da. Nach einseitiger Belastung, langem Sitzen oder Stehen, nach dem Bücken oder Tragen schwerer Gegenstände: Rückenschmerzen. Fast jeder kennt sie. Fast jeder hat sie irgendwann einmal.
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Gemäss Erhebungen des Bundesamtes für Statistik leiden 40 Prozent der Bevölkerung an Rückenschmerzen, von Schulter-, Nacken- und Armschmerzen sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung betroffen. Ein Grossteil der Schmerzen, ganze 90 Prozent, ist dabei nicht auf ein konkretes Krankheitsbild zurückzuführen. Man spricht deshalb von sogenannten unspezifischen Rückenschmerzen. Diese treten meist wiederkehrend auf und klingen normalerweise nach Tagen oder Wochen von selbst wieder ab.
Akute Rückenschmerzen dauern weniger als sechs Wochen, subakute sieben bis zwölf Wochen. Chronisch sind die Schmerzen dann, wenn sie länger als zwölf Wochen anhalten.
Der Rücken bereitet nicht selten so starke Probleme, dass es zu Arbeitsausfällen kommt. Die jährlich verursachten Krankheitskosten wegen Rückenleiden belaufen sich in der Schweiz auf 1.5 Milliarden Franken.
Die Psyche schlägt auf den Rücken
Ständiges Sitzen vor dem Computer, an der Kasse im Supermarkt, Fliessbandarbeit mit einseitigen Bewegungen, die Schläge auf den Rücken des Buschauffeurs – dazwischen nur kleine Pausen wie der Gang zur Toilette oder zur Kaffeemaschine: Der Alltag kann dem Rückgrat ganz schön zusetzen.
So zählen einseitige Belastung und Bewegungsmangel zu den häufigsten Ursachen für unspezifische Rückenschmerzen. Deshalb gilt es, für genügend Bewegung zu sorgen und einige Punkte am Arbeitsplatz einzuhalten, um ergonomische Sünden so gut wie möglich zu vermeiden.
Auch Stress in Beruf und Familie ist Auslöser für unspezifische Rückenschmerzen. Druck und Tempo am Arbeitsplatz nehmen zu, Unzufriedenheit und zu wenig Wertschätzung im Alltag äussern sich nicht selten psychosomatisch in Form von Rückenbeschwerden. «Bei Ärzten hat sich in den letzten Jahren diesbezüglich ein Gesinnungswandel vollzogen», bestätigt Wirbelsäulenchirurg Christian Etter. Immer häufiger werden bei unspezifischen Rückenleiden ganzheitliche Therapieansätze, wie etwa eine Kombination aus Krafttraining und Psychotherapie, verschrieben.
Bewegen, bewegen, bewegen
Rückenschmerzen sind häufig auch auf verklebte und nicht mehr funktionsfähige «Faszien» zurückzuführen, das feine Bindegewebe, das den Muskel wie eine Hüllschicht umgibt. Sind die Faszien verklebt, führt dies zu einer funktionellen Verkürzung oder Verhärtung des Muskels, dem myofaszialen Schmerzsyndrom.
Mit gezielten Dehnübungen können die Verspannungen gelockert werden. Zur Lockerung des Bindegewebes eignet sich beispielsweise auch die «Fitness-Rolle». Die Rolle aus Kunststoff hilft, die kleinen Verklebungen und Verspannungen zu lösen.
Um Rückenschmerzen präventiv vorzubeugen und längerfristig loszuwerden, sind Bewegung und die Stärkung der Rückenmuskulatur von zentraler Bedeutung. Es gibt evidenzbasiert keine Trainings-Methode, die besser ist als eine andere. Genauso vielfältig wie die Rückenbeschwerden also sind, genauso viele Wege sind möglich, um dem persönlichen Rückenleiden den Kampf anzusagen. Für ein erfolgreiches Training sind vor allem zwei Punkte wichtig:
- Intensität: Muskelfasern sollten beim Training maximal belastet werden.
- Konsequenz: Das Training sollte regelmässig stattfinden.
Mit spielerischen Methoden gegen Motivationstiefs
Regelmässiges Training – genau daran scheitern viele Rückenpatienten. Sie werden des Trainings überdrüssig, die Übungen zuhause machen keinen Spass, gemütlich auf dem Sofa zu liegen bietet nach einem anstrengenden Tag die willkommenere Entlastung. Dem Rücken und der Gesundheit tut man damit aber keinen Gefallen. Von der lange Zeit verschriebenen Schonung bei Rückenschmerzen sind Ärzte heute längst abgekommen.
Wen klassische Rückenübungen langweilen, der findet heute vielerlei Alternativen – beispielsweise Spiele auf dem Tablet: Kleine Bewegungssensoren werden auf Kreuz und Brustkasten des Patienten befestigt. Sie sind durch Bluetooth mit dem Tablet verbunden. Durch kleine Rückenbewegungen, Drehungen, Hüftkreisen etc. steuert man eine Spielfigur auf dem Tablet, fliegt durch fremde Welten, baut Dörfer, sammelt Diamanten etc.
Das weckt den Spieltrieb und dürfte vor allem die technikaffine Generation begeistern. Man kann damit zu Hause trainieren, wird aber dennoch überwacht, weil das Programm jede Trainingseinheit speichert und auswertet.
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Wer seinen Rücken auf unkonventionelle und spielerische Art stärken möchte, sollte täglich einige Minuten mit dem Hula-Hoop-Reifen trainieren. Der farbige Reif gilt als unkonventionelle Geheimwaffe gegen Rückenleiden, weil durch die kreisenden Bewegungen der gesamte Rumpf bewegt und gestärkt wird. Man hält die Wirbelsäule in Schwung und als schönen Nebeneffekt verbrennt man zusätzlich noch einige Kalorien.
Ein effektives klassisch-spielerisches Rückentraining sind Übungen mit dem Gymnastikball. Weil sie sehr dynamisch sind, wird die Tiefenmuskulatur besonders aktiviert. Koordination, Beweglichkeit und Muskelkraft werden trainiert. Der Ball kann auch ab und zu den Bürostuhl ersetzen, das kräftigt den Rücken und bringt Abwechslung in die Haltung.
Volkssportarten: Manche mit Vorsicht ausüben
- Wen Rückenschmerzen plagen, der sollte schwimmen gehen, so die Volksweisheit: Das sieht Bewegungswissenschaftler und Rheumatologe Andreas Klipstein aber nicht unbedingt so. «Schwimmen ist gut für die Ausdauer und die Beweglichkeit. Hat man aber eine zu schwache Rückenmuskulatur, ist Schwimmen nicht die effizienteste Trainingsmethode, denn die Rückenmuskeln werden dabei zu wenig gestärkt.» Zudem ist beim Schwimmen die korrekte Ausführung wichtig. Gerade der Bruststil kann die Wirbelsäule im Lenden- und Nackenbereich belasten.
- Joggen kann man immer und überall. Man braucht dazu gutes Schuhwerk und es kann los gehen. Beim Joggen lastet auf dem Körper das Fünffache des Körpergewichts, die Wirbelsäule wird bei jedem Schritt zusammengestaucht. Das ist für die Wirbelsäule normalerweise aber kein Problem – und sie braucht diese Herausforderung auch, da so die Bandscheiben elastisch bleiben. Regelmässiges Joggen ist damit eine gute Methode, die Wirbelsäule fit zu halten – auf einer gelenkschonenden Finnenbahn oder auf weichem Waldboden allemal.
- Tennis ist für Menschen mit Rückenproblemen keine empfehlenswerte Sportart. Die Dreh-, Beuge- und Kippbewegung wirken gleichzeitig auf die Wirbelkörper. Hinzu kommen ruckartige Stoppbewegungen. Jede Bewegung, die nicht in der Achse der Wirbelsäule wirkt, kann zur Belastung werden.
- Auch Fussball und Volleyball sind deshalb für Rückenpatienten nicht ideal, weil die Verletzungsgefahr hoch ist, die Wirbelsäule oft überstreckt oder verdreht wird.
- Besonders zu empfehlen sind Langlauf und Klettern. Beide Sportarten fördern Kraft, Geschicklichkeit, Koordination und Reaktionsfähigkeit.