Mariska Praktiek stand voll im Leben, arbeitete in leitenden Funktionen in der IT-, Versicherungs- und Energiebranche und sammelte Flugmeilen mit Geschäftsreisen. Arbeitspensum: 50 bis 60 Stunden pro Woche. Sport: bis zu drei Stunden pro Tag. Immer wieder wechselte sie den Wohnort, lebte in Holland, Österreich, Ungarn, England, Deutschland und in der Schweiz.
Hauptsache, es ist etwas los
Schon als Kind hatte Mariska einen starken Bewegungsdrang. Sie liebte es, als Gymnasiastin täglich 20 Kilometer Schulweg mit dem Fahrrad zurückzulegen. Den Schulstoff meisterte sie mit Leichtigkeit. Niemandem fiel auf, dass sie von der Norm abwich.
Rückblickend stellt sie fest: «Als ich zehn war, zog meine Familie vom Kanton Zug nach Holland. Dort war alles flach, mir fehlten die Berge und das Wasser. Und die neue Schule war todlangweilig. Das war wohl meine erste Depression.»
Das Studium der Betriebsökonomie lief gut, allerdings langweilte sich Mariska, haderte mit dem Studiengang. Sie belegte parallel weitere Studienfächer – Hauptsache, es war etwas los.
Schnelle Karriere und exzessiver Sport
Der Eintritt in die Arbeitswelt gelang ihr dann spielend. Da sie ein fröhlicher Mensch ist, überdies sprachbegabt und intelligent, machte sie rasch Karriere. Und wenn sie an ihre Grenzen kam, packte sie neue Projekte an und trieb noch exzessiver Sport.
Aber Administratives, z. B. Spesenabrechnungen: ein Desaster. Viele 1000 Franken habe sie verloren, weil sie die vielen Flugreisen nie abgerechnet habe, erzählt sie heute lachend.
Diagnose: ADHS
Dann, nach einem Routineeingriff im Spital, ging plötzlich buchstäblich nichts mehr. Monatelang. Mariska schlief fast nur noch. Die Diagnose: Erschöpfungs-Depression – nicht überraschend, bei dem Leben, das sie geführt hatte. Unerwartet war dann aber die zweite Diagnose: nämlich ADHS.
«Wenn Erwachsene nicht wissen, dass sie ADHS-Betroffen sind, können sie leichter in ein Burn-out geraten als Nicht-Betroffene. Weil sie sehr viel mehr Energie brauchen, um den Alltag zu meistern», sagt die Psychiaterin Monika Ridinger, ADHS-Spezialistin.
Mit Achtsamkeit zurück ins Leben
Nach erfolgter Diagnose belegte Mariska Praktiek einen Achtsamkeitskurs. Doch die Hürden waren hoch: Für ADHS-Betroffene kann es sehr schwierig sein, lange stillzusitzen, in sich hineinzuhorchen. Trotzdem gab sie nicht auf. Passte die Techniken an. Las viel, recherchierte.
Heute sagt Mariska Praktiek: «Achtsamkeit hat mein allgemeines Wohlbefinden stark verbessert. Inzwischen kann ich mein Verhalten korrigieren, indem ich meinen Fokus wieder auf das lenke, was ich wirklich tun muss.»
Mariska Praktiek ist nicht die einzige ADHS-Betroffene, die von Achtsamkeit und Meditation profitiert hat. Es gibt viele Studien darüber, die darauf hinweisen, dass man durch diese Techniken eine signifikante Verringerung von ADHS-Symptomen erreichen kann. Aber noch ist die Wirksamkeit dieser Techniken nicht abschliessend erforscht.