Es ist ein Durchbruch in der Klimaforschung: Ein europäisches Forschungs-Team konnte hoch oben auf dem antarktischen Hochplateau einen rekordalten Eisbohrkern aus der Tiefe ziehen. 2800 Meter misst er und sein Eis reicht mindestens 1.2 Millionen Jahre zurück in der Erdgeschichte.
Dafür habe vieles klappen müssen, sagt Hubertus Fischer. Er ist Professor für Klimaphysik an der Universität Bern und massgeblich beteiligt am Forschungsprojekt in der Antarktis. «Das ist kein Klacks, so einen langen Kern aus dem Eis zu holen.»
Eisbohrkerne mögen es kalt
Hubertus Fischer führt hinunter ins verwinkelte Untergeschoss der Universität Bern. Dort befinden sich die Lagerräume für die Eisproben. «Für die neuen Proben haben wir extra ein neues Kühllager gebaut, in dem wir das Eis bei minus 50° C aufbewahren können. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass die im Eis eingeschlossene Luft so am besten erhalten bleibt.»
Im neuen Kühlraum sind weisse Styropor-Kisten gestapelt. Darin befindet sich antarktisches Eis, das in den beiden vorherigen Sommern gebohrt wurde. «Das wertvolle Eis aus der aktuellen Saison wird nun auf den Weg nach Europa geschickt und soll im August hier in Bern ankommen», sagt Hubertus Fischer.
Besonders sparsame Analysemethode
Fischer und sein Team haben in den vergangenen Jahren neue Methoden ausgetüftelt, um diesem uralten Eis möglichst viel Informationen zu entlocken. Dabei haben sich die Berner Forschenden darauf spezialisiert, die im Eis eingeschlossene Luft zu untersuchen.
Hubertus Fischer öffnet die Tür zu einem Analyse-Labor. Vor uns steht ein schlichtes Metall-Regal. Darin ist ein Glas-Zylinder befestigt und mit verschiedensten Kabeln, Schläuchen und Monitoren verbunden. Post-Doktorand Florian Krauss platziert in diesem Zylinder soeben eine Eisprobe, etwa so gross wie ein Brillen-Etui.
Was das Eis über die Vergangenheit erzählen kann
«Die Eisprobe wird nun unter Vakuum gesetzt», erklärt Hubertus Fischer. «Dann wird sie von oben mit Infrarot-Strahlung bestrahlt, dadurch wird das Eis direkt in Wasserdampf überführt. So wird auch die im Eis eingeschlossene Luft freigesetzt.»
Jeweils 1.5 Zentimeter Eis aufs Mal werden verdampft, aus dem blauen Zylinder abgeleitet, vom Wasserdampf getrocknet – und dann bei –260° C «schockgefroren». «Diese gefrorene Luft können wir dann in einem weiteren Spezial-Gerät untersuchen und messen, wie viel Treibhausgase darin enthalten sind», sagt Hubertus Fischer.
Gespannte Vorfreude
Post-Doktorand Florian Krauss giesst derweil an verschiedenen Stellen flüssigen Stickstoff in die Apparatur. Er testet die Messmethode nochmals gründlich, damit dann mit den antarktischen Eisproben sicher nichts schiefläuft.
Der uralte Eisbohrkern umfasst eine besonders spannende Zeit in der Klimageschichte: Vor ungefähr einer Million Jahren gab es eine deutliche Verlangsamung im Rhythmus, in welchem sich auf der Erde die Warm- und Kaltzeiten abwechselten. Durch ihre Untersuchungen hoffen die Berner Klimaforschenden nun, diese rätselhafte Veränderung besser verstehen können.