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Klimaforschung Was 1.2 Millionen Jahre altes Eis über das Klima erzählt

In der Antarktis konnten Forschende einen Eisbohrkern bergen, der mehr als 1.2 Millionen Jahre in die Klimageschichte der Erde zurückblicken lässt. Dafür haben Berner Forschende aufwendige, neue Methoden ausgetüftelt.

Es ist ein Durchbruch in der Klimaforschung: Ein europäisches Forschungs-Team konnte hoch oben auf dem antarktischen Hochplateau einen rekordalten Eisbohrkern aus der Tiefe ziehen. 2800 Meter misst er und sein Eis reicht mindestens 1.2 Millionen Jahre zurück in der Erdgeschichte.

Dafür habe vieles klappen müssen, sagt Hubertus Fischer. Er ist Professor für Klimaphysik an der Universität Bern und massgeblich beteiligt am Forschungsprojekt in der Antarktis. «Das ist kein Klacks, so einen langen Kern aus dem Eis zu holen.»

Eisbohrkerne mögen es kalt 

Hubertus Fischer führt hinunter ins verwinkelte Untergeschoss der Universität Bern. Dort befinden sich die Lagerräume für die Eisproben. «Für die neuen Proben haben wir extra ein neues Kühllager gebaut, in dem wir das Eis bei minus 50° C aufbewahren können. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass die im Eis eingeschlossene Luft so am besten erhalten bleibt.»

Eisbohrkerne sind wertvolle Klima-Archive 

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Die im Eis eingeschlossene Luft enthält unter anderem die Treibhausgase CO₂, Lachgas und Methan, welche in der Vergangenheit in der Erdatmosphäre enthalten waren. Da diese Gase eine wichtige Rolle dabei spielen, wie warm oder kalt es auf der Erde ist, erzählen sie viel über das Klima auf der Erde zu längst vergangenen Zeiten.

Aus dem Eis lässt sich zudem herauslesen, welche Temperatur in der Vergangenheit auf dem antarktischen Eisschild geherrscht haben. Dafür wird die genaue Zusammensetzung der Wassermoleküle im Eis analysiert.

Im neuen Kühlraum sind weisse Styropor-Kisten gestapelt. Darin befindet sich antarktisches Eis, das in den beiden vorherigen Sommern gebohrt wurde. «Das wertvolle Eis aus der aktuellen Saison wird nun auf den Weg nach Europa geschickt und soll im August hier in Bern ankommen», sagt Hubertus Fischer.

Person öffnet Tür zu Kühlzelle mit gestapelten Boxen.
Legende: Blick in das neue Kühllager, wo die Eisproben aus der Antarktis bei minus 50°C aufbewahrt werden. Cathrin Caprez

Besonders sparsame Analysemethode 

Fischer und sein Team haben in den vergangenen Jahren neue Methoden ausgetüftelt, um diesem uralten Eis möglichst viel Informationen zu entlocken. Dabei haben sich die Berner Forschenden darauf spezialisiert, die im Eis eingeschlossene Luft zu untersuchen.  

Hubertus Fischer öffnet die Tür zu einem Analyse-Labor.  Vor uns steht ein schlichtes Metall-Regal. Darin ist ein Glas-Zylinder befestigt und mit verschiedensten Kabeln, Schläuchen und Monitoren verbunden. Post-Doktorand Florian Krauss platziert in diesem Zylinder soeben eine Eisprobe, etwa so gross wie ein Brillen-Etui.

Was das Eis über die Vergangenheit erzählen kann 

«Die Eisprobe wird nun unter Vakuum gesetzt», erklärt Hubertus Fischer. «Dann wird sie von oben mit Infrarot-Strahlung bestrahlt, dadurch wird das Eis direkt in Wasserdampf überführt. So wird auch die im Eis eingeschlossene Luft freigesetzt.» 

Mehr Eis nötig für Spezial-Untersuchung

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Die Berner Klimaforschenden haben eine zweite Spezialmethode entwickelt. Dabei analysieren sie, wie viel Edelgase im Eis eingeschlossen sind. Diese besonderen Gase lassen nämlich darauf rückschliessen, wie warm die Weltmeere zu einer bestimmten Zeit in der Vergangenheit waren. Für das Erdklima ist das eine sehr wichtige Information, weil die Weltmeere den Grossteil der gesamten Wärmeenergie speichern.  

Für diese Untersuchung brauchen die Forschenden jedoch deutlich mehr Eis, als der soeben gebohrte hergibt. Nächsten Winter – wenn es in der Antarktis wieder Sommer ist – wollen die Forschenden im Rahmen des Forschungs-Projekts «Beyond EPICA» versuchen, die untersten paar Hundert Meter noch einmal zu bohren und so einen zweiten Bohrkern zu gewinnen.

Jeweils 1.5 Zentimeter Eis aufs Mal werden verdampft, aus dem blauen Zylinder abgeleitet, vom Wasserdampf getrocknet – und dann bei –260° C «schockgefroren». «Diese gefrorene Luft können wir dann in einem weiteren Spezial-Gerät untersuchen und messen, wie viel Treibhausgase darin enthalten sind», sagt Hubertus Fischer.  

Gespannte Vorfreude 

Post-Doktorand Florian Krauss giesst derweil an verschiedenen Stellen flüssigen Stickstoff in die Apparatur. Er testet die Messmethode nochmals gründlich, damit dann mit den antarktischen Eisproben sicher nichts schiefläuft.

Der uralte Eisbohrkern umfasst eine besonders spannende Zeit in der Klimageschichte: Vor ungefähr einer Million Jahren gab es eine deutliche Verlangsamung im Rhythmus, in welchem sich auf der Erde die Warm- und Kaltzeiten abwechselten. Durch ihre Untersuchungen hoffen die Berner Klimaforschenden nun, diese rätselhafte Veränderung besser verstehen können.

Wissenschaftsmagazin, 18.1.2025, 12:40 Uhr

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