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Jede Menge Wiesn-Biere in gleicher Qualität vermehrt auch dank KI
Aus Wissen allgemein vom 27.09.2024. Bild: Keystone (FELIX HÖRHAGER) / Reto Widmer
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Bierbrauereien Hopfen und Malz, KI erhalt's!

Es ist wieder Oktoberfest in München. Den durstigen Menschen in den Zelten dürfte beim Feiern kaum bewusst sein, dass bei der Produktion des Bieres künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. Drei Beispiele aus Praxis und Forschung.

Weihenstephan, die weltweit älteste Brauerei, ist technologisch alles andere als alt: Der Gär- und Lagerkeller ist wenige Monate jung, wirkt wie Raumschiff Enterprise und ist ausgestattet mit hunderten Ventilen.

Vorausschauende Wartung: Reparieren, bevor es einen Stillstand gibt

Jedes einzelne dieser Ventile können die Brauerinnen und Brauer vom Computer aus ansteuern und so das unvergorene Bier in den korrekten Tank leiten oder das fertige Bier zur Abfüllanlage fliessen lassen.

Zwei Monitore, im Hintergrund ein Sudhaus.
Legende: Der komplette Produktionsprozess, angefangen beim Sudhaus, existiert als digitaler Zwilling im Steuerungs-System. Reto Widmer

Doch wenn eines dieser Ventile ausfällt, steht die ganze Produktionskette still. Der finanzielle Schaden wäre immens. Damit das nicht passiert, setzt die Brauerei auf das sogenannte «Predictive Maintenance», die präventive Instandhaltung.

Die Ventile schlagen Alarm, bevor sie defekt sind. Damit das funktioniert, liefern tausende Sensoren vom Sudhaus bis zur Abfüllanlage ständig Betriebsdaten. In diesem Heuhaufen an Daten erkenne eine künstliche Intelligenz Muster, erklärt Braumeister Tobias Zollo. Wenn etwa ein Ventil mehr als die normalerweise 0.2 Sekunden benötigt, um sich zu öffnen, schlägt die KI Alarm. «Dann kann ich einen Schlosser hinschicken und das Ventil reparieren lassen, bevor es ausfällt», sagt Zollo. Das spart viel Geld.

Brauerei Weihenstephan

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Legende: Tobias Zollo Erster Braumeister und Betriebsleiter der Brauerei Weihenstephan Reto Widmer

Die Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan gilt als die älteste Brauerei der Welt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1675. Die Brauerei hat ihren Ursprung im ehemaligen Kloster Weihenstephan. Nach der Säkularisation 1803 ging die Brauerei in den Besitz des bayerischen Staates über.

Datenschatz steigert die Qualität des Bieres

Nur wenige Meter neben der Brauerei stehen die Gebäude des Forschungszentrums der «Bier-Uni».

Eine Regalwand mit vielen Büchern, teils sehr alten.  Brauerei-Fachliteratur.
Legende: Geballtes analoges Wissen in der Sammlung von Martin Zarnkow. Reto Widmer

Hier, umgeben von alten Fachbüchern zur Braukunst, analysieren Martin Zarnkow, Wissenschaftler und Braumeister in Personalunion, und sein Laborteam mit konventionellen Methoden die Bierproben aus Brauereien. Sie suchen auf diese Weise nach Gründen, warum ein Brauvorgang erfolgreich war oder scheiterte. Dabei hilft ihnen der grosse Datenschatz aus den digitalen Brauereien.

Damit soll in Zukunft noch viel mehr möglich sein: Martin Zarnkow träumt davon, die Daten von einer mächtigen KI analysieren zu lassen.

Das ermögliche ganz neue Einsichten und Anwendungen, so der Forscher.

Vorausschauend: Eine Brauerei will ein Rezept für ein verrücktes Bier entwickeln, etwa «mit grünem Schaum». In Zukunft soll eine KI Rezeptvorschläge machen, mit welchen Produktionsschritten man zu diesem Bier kommen könnte.

Rückblickend: Die KI soll schon bald analysieren, warum ein Bier schlecht oder besonders gut schmeckt.

Soweit sei man noch nicht, die dazu notwendigen Daten seien bisher nicht verknüpft, so Zarnkow. Das ist aber nur eine Frage der Zeit.

Forschungszentrum Weihenstephan

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Legende: Martin Zarnkow Abteilungsleiter Technologie, Entwicklung und Sensorik Reto Widmer

Das Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität ist ein Institut der Technischen Universität München. Es unterstützt die Brau- und Getränkeindustrie in technischen, technologischen und wirtschaftlichen Fragen und betreibt Forschung und Lehre. Bekannt ist das Forschungszentrum insbesondere für seine Labore, in die Brauereien ihre Biere zur Analyse einschicken, und für das Hefezentrum, das eine grosse Vielfalt an Hefen bereithält.

Bessere und günstigere Sensoren aus Chur

Auch in der Schweiz versucht man, das Potenzial der KI für Brauereien zu nutzen. An der Fachhochschule Graubünden betreibt Hobbybrauer, Braumeister und Dozent für Informatik, Ingo Barkow, eine 300-Liter-Brauerei.

Die Studierenden brauen für den eigenen Genuss – ein schöner Nebeneffekt. Vor allem aber dient das Bier dazu, während der Vergärung die Vorgänge mithilfe eines Gas-Chromatographen und Massen-Spektrometers zu analysieren.

Eine grosse blaue Kiste und eine verwirrende Apparatur mit Kabeln und Leitungen.
Legende: Massenspektrometer im Labor der Campusbrauerei. Reto Widmer

Die Hightech-Geräte liefern neue Daten, mit denen Barkow eine KI trainieren will. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für künftige präzisere oder günstige Sensoren, die gleich mehrere Werte messen können, nicht bloss die Temperatur. So könnten in Zukunft auch kleine Sudanlagen oder sogar Geräte für Hobbybrauer intelligent werden, meint Ingo Barkow.

Campusbrauerei Chur

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Legende: Ingo Barkow Leiter Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Graubünden. Reto Widmer

Seit etwa einem Jahr gibt es an der Fachhochschule Graubünden eine Campusbrauerei. Das mittelfristige Ziel ist der Aufbau einer voll automatisierten und sensorgesteuerten Brauanlage für Klein- und Testsude durch die Studierenden. So soll auch ein Zentrum für die wissenschaftliche Begleitung der Bierproduktion entstehen, wie es das in Deutschland mit dem Forschungszentrum Weihenstephan schon lange gibt.

Radio SRF 3, 27.9.2024, 13:45 Uhr

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